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Punkte außerhalb unserer Grenzen schaffen, die Lieferung der Rohstoffe aus
unter unseren Einfluß gebrachten Gebieten und den Absatz unserer Fabrikate
dorthin gewährleisten zu helfen. Tie Initiative muß freilich von unserer
Volkswirtschaft selbst ausgehen.
Geschichtliche Entwicklung unserer Handelspolitik.
In Oesterreich-Ungarn herrschte das Verbotssystem bis nach dem Jahre
1848. Ueberdies bestanden zwischen mehreren Teilen des Reiches, namentlich
aber zwischen Oesterreich und Ungarn Zollgrenzen. Das einheitliche
Zoll- und Handelsgebiet wurde durch die Verfassung vom
4. März 1849 geschaffen, und am 1. Juli 1831 durch die Beseitigung der Ber
zehrungssteuerlinie gegen Ungarn vollendet.
Im Herbste desselben Jahres trat ein neuer Zolltarif in Kraft, der nur
mehr sehr mäßige Ausfuhr- und Durchfuhr-Zölle enthielt; die Einfuhrverbote
wurden fast gänzlich beseitigt und die Einfuhrzölle bedeutend er-
mäßigt. Hatte früher der höchste Zoll 2000 Gulden betragen, so erreichte
in diesem Tarif der höchste Satz nur mehr 600 Gulden K. M. In diesem Jahre
war Oesterreich bereits in den Kampf nm den deutschen Zoll
verein eingetreten. Das mehr als ein Jahrhundert währende Ringen
Preußens und Oesterreichs um die Vorherrschaft in Deutschland wurde seit
der Schaffung des Deutschen Zollvereinesst immer mehr und mehr auf das
wirtschaftspolitische Gebiet verlegt, wodurch die Handelspolitik stark beeinflußt
werden mußte. Da nun Preußen in diesem Belange eben durch die Schaffung
des Zollvereines den Vorsprung hatte, sah sich Oesterreich zu Maßregeln in
der von Preußen eingeschlagenen wirtschaftspolitischen Richtung veranlaßt,
welche diesen Vorsprung zugunsten Oesterreichs wettmachen sollten. Preußen
aber geriet immer mehr und mehr in das Fahrwasser der F r e i h a n d e l s-
i d e e, und Oesterreich folgte ihm, wenn auch behutsam, da die Eigenart der
österreichischen Volkswirtschaft Berücksichtigung forderte. So drang in den
1860 er Jahren auch in Oesterreich die Freihandelsidee immer stärker vor,
wenngleich sich die wachsende Gegnerschaft der Industriellen,
welche für sich Schutzzölle gegen die auswärtige Konkurrenz, vor allem
gegen die deutsche und englische Industrie, verlangten, in: Parlamente und
außerhalb desselben mit Macht zur Geltung brachte.
Industrie und Schutzzoll.
Das Jahr 1866 brachte Oesterreichs Ausscheiden aus dem Deutschen
Bund und infolgedessen die Entscheidung im Kampfe um den Deutschen
Zollverein: den Sieg Preußens. In den Jahren nach 1866 wurde eine große
Zahl von Handelsverträgen abgeschlossen, von denen mehrere über die Welt
meere hinüberreichten. In dem österreichischen Parlament, das durch die Ver
fassung von 1867 geschaffen worden war, betrieben die Industriellen mit
Ausdauer und Vehemenz die Bekämpfung der Freihandelsidee, während
*) Im Jahre 1828 gelang es Preußen, Hessen-Darmstadt sich zollpolitisch einzuverleiben.
Dann schlossen sich Bayern, Sachsen usw. an. Am 1. Jänner 1834 trat der Deutsche Zoll
verein ins Leben.