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sie auch scheinen mögen, immer realisierbar sind. An Offerten haben
wir keinen Mangel, sondern an Ware. Der Öffentlichkeit sind die
Schwierigkeiten, welche heute einer geregelten Einfuhr entgegenstehen,
noch immer nicht genügend bekannt. Bei den noch immer ungeklärten
Politischen Verhältnissen, bei den ungeregelten Währnngs- und Zahlungs-
Verhältnissen und angesichts der desolaten Verkehrsverhältnisse, die
einen regelmäßigen Massenvcrkehr mit den östlichen Ländern fast aus
schließen, ist es nicht möglich, zu sagen, ob es in der nächsten Zeit
überhaupt gelingen wird, namhaftere Nahrungsmittelimportc aus diesen
Ländern zu bewerkstelligen. Hierzu kommt, daß von diesen Ländern
vielfach die Bezahlung in gesunder ausländischer Valuta verlangt wird,
was unsere Lage und die so wünschenswerte Aufnahme des Verkehres
mit den Sükzessionsstaatcn, die unser nächstes Ziel sein muß, erschwert.
Die Schicksale vieler Transporte, die Schwierigkeiten der Beschaffung
der Ware, der Bezahlung, der Beistellung der Transportinittel (Loko
motiven, Waggons, Kohle), der Erlangung der Ausfuhrbewilligung und
der Zollbehandlnng zeigen deutlich, daß eine Warenbewegung im
großen Stile, etwa so wie sie im Frieden stattgefunden hat, leider
derzeit nicht erhofft werden kann.
Was aber die Einfuhr aus dem Westen, insbesondere ans
Übersee anlangt, so kann man daran nicht vorübergehen, daß Wien
auf dem Nahrungsgebiete einen großen Überseehandel mit großen
finanziellen Beziehungen, wie ihn Deutschland mit Anlehnung an über
seeische Finanzinstitute besitzt, wenige Ausnahmen abgesehen, nicht
hatte. Wir waren hinsichtlich unserer Nahrungsmitteleinsuhr immer
östlich orientiert. Aber abgesehen davon — denn solche Verbindungen
sind ja schließlich über kurz oder lang herstellbar —, steht es wohl
ziemlich arrßer Zweifel, daß es dem privaten Handel unmöglich wäre,
die für die Beschaffung der Massenartikel, wie Getreide, Fleisch, Fett
usw., erforderlichen Milliarden aufzubringen, gar nicht zn reden von
den auch hier vorhandenen großen Transportschwierigkeiten, *) denn
heute muß sich der Käufer und nicht der Verkäufer um die Ver
schiffung, Frachtraum rc. kümmern. Der für Österreich erforderliche
monatliche Geldbedarf an Getreide allein erfordert je nach der Gattung
des Getreides und der Möglichkeit, Entcntefracht zu bekommen, 9 bis
*) Das Staatsamt für Volksernährung hat zum Beispiel der Schiffahrts
gesellschaft für die Remorköre und Schlepper, welche diese nach Jugoslawien zur
Abholung von Getreide gesendet hat, eine Haftungsgarantie int Ausmaße von
25 Millionen Kronen übernehmen müssen.