Full text: Zur wirtschaftlichen Förderung des Handwerks

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Förderung der ländlichen Bauweise und die Pflege 
der ländlichen Spezialgewerbe nicht vernachlässigt 
werden dürfen. Erfolg verspricht auch die Ein 
wirkung auf bäuerliche Vereine und Genossenschaften, 
damit sie keine das Handwerk schädigende Unter 
nehmungen gründen. 
Die Tätigkeit der Handwerkskammer in dieser 
Einsicht fand volle Würdigung und Anerkennung 
durch den Negierungs-Präsidenten. Die 
Leitsätze wurden den Behörden, Innungen und 
Handwerksvereinen auf dem Lande zugestellt. 
Auch in der Hauptversammlung des Deut 
schen Vereins für ländliche Wohlfahrts 
und Heimatpflege (Abteilung Rheinprovinz) zu 
Löln, die sehr gut besucht war, hauptsächlich von 
Landwirten, Landräten, Bürgermeistern usw., der als 
Ehrengäste der Regierungspäsident Steinmeister von 
Töln, Vertreter des Gberpräsidenten, Landeshaupt 
mannes und anderer Behörden beiwohnten, wurde 
die Frage „Handwerk auf dem Lande" erörtert. 
Ausgehend von einer kurzen Darstellung der wirt 
schaftlichen Lage des Handwerks überhaupt ver 
breitete sich Dr. wilden im einzelnen über die des 
ländlichen, namentlich dessen Entwicklungsmöglich- 
keiten betonend. Aus der zwar schwierigen, aber 
durchaus nicht hoffnungslojen Lage folgerte der 
Redner die mannigfachen Aufgaben zur Förderung 
des Handwerks durch die Selbst- und Staatshülfe 
und forderte zur Mitwirkung hierbei die Behörden 
auf dem Lande, namentlich aber die Landwirtschaft 
auf, die, aufs engste mit dem Handwerk verknüpft, 
an dessen Erhaltung ein großes Interreffe habe. 
Dem Vortrag lagen folgende Leitsätze zu 
grunde : 
1. Die Erhaltung und Förderung eines kräftigen 
leistungsfähigen Landhandwerks ist notwendig, 
a) weil das Landhandwerk ein wichtiger Be 
standteil der Landbevölkerung überhaupt ist, 
b) weil die Landwirtschaft wie die gesamte 
übrige Landbevölkerung zur Durchführung 
ihrer eigenen Wirtschaftszwecke eines tüch- 
Ligen Handwerkerstandes bedarf. 
2. Die Bemühungen zur Hebung des Land- 
Handwerks setzen in erster Linie eine gute Ausbil 
dung und Schulung des Handwerkers voraus. 
Diese Ausbildung hat sich zu erstrecken auf: Tech 
nische Fertigkeit, Fähigkeit zu genauer Kalkulation; 
für einzelne Handwerke (Bauhandwerk, Schreiner 
handwerk usw.); auch auf aesthetisches Verständnis. 
3. Der weg zu dieser Schulung ist auf dem 
Wege der allgemeinen Bildung wie der besonderen 
Fachbildung zu suchen. Für die Zwecke der All 
gemeinbildung ist die Fortbildungsschule möglichst 
mit Schulzwang anzustreben, wobei gegebenenfalls 
mehrere Gemeinden sich zu einem Schulverband 
vereinigen können. 
Die Fachbildung der Lehrlinge liegt in erster 
Linie in der Hand der Meister. Die Unterbringung 
von Lehrlingen bei tüchtigen Meistern auf dem 
Lande ist besonders ratsam, die Einrichtung einer 
entsprechenden Lehrstellenvermittlung durch die 
Handwerkerorganisationen gemeinschaftlich mit der 
Schule ist anzustreben. Die Bestrebungen der 
Handwerkskammern zur Regelung des Lehrlings. 
Wesens (Lehrlingshaltung durch befähigte Meister, 
Bekämpfung der Lehrlingszüchterei, vorschrifts 
widrigen Behandlung, der mangelhaften Ausbildung, 
der mangelhaften Beaufsichtigung usw.) sind nach, 
drücklich zu unterstützen. 
Der Jugendfürsorge ist gleichfalls große Auf 
merksamkeit zu schenken. Sie geschieht vorteilhaft 
durch Errichtung von Lehrlingsheimen, Veranstal 
tung von aufklärenden Vorträgen usw. 
Die Lehrlinge und Gesellen sind zur Ablegung 
der Gesellen- und Meisterprüfung anzuhalten; es 
ist zu wünschen, daß die Gemeindebehörden ge 
legentlich auf die Prüfungen Hinweisen und sie be 
suchen. Ausstellungen von Lehrlingsarbeiten und 
Gesellenstücken gegebenenfalls in Verbindung mit 
der Fortbildungsschule können als sehr förderlich 
bezeichnet werden. 
Für die Gesellen und Meister sind besondere 
Kurse technischer Art, wie in der Buchführung, 
Kalkulation, Geschäfts- und Gesetzeskunde, zu ver 
anstalten. Die Kosten dieser Gesellen- und Meister 
kurse sind grundsätzlich durch die Teilnehmer auf 
zubringen; doch können Innungen, Handwerks 
kammern und Kommunalverwaltungen sich mit 
Zuschüssen beteiligen oder sonstige Unterstützungen 
(Stipendien) gewähren. 
4. Zur wirtschaftlichen Förderung der selbst 
ständigen Handwerker empfehlen sich: Kredit- und 
andere Genossenschaften, der Anschluß an die Ge 
werbeförderungsanstalt für die Rheinprovinz, seitens 
der Gemeinde die hergäbe elektrischer Kraft zu
	        
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