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Das Wesen des Wirtsohaftskampfes.
Der Wirtschaftskampf im Weltkriege oder Wirtschaftskrieg
im engeren Sinne bedeutet gegenüber dem Wirtschaftskampfe des
Imperialismus nur eine Fortsetzung des Kampfes in anderer Art.
Während im Zollkriege und in den übrigen Ausschlußmitteln des wirt
schaftlichen Imperialismus der Mitbewerber nur hinsichtlich einzelner
Betätigungen seiner Volkswirtschaft beschränkt wird, wird durch die
militärische Kriegserklärung der gesamte wirtschaftliche Verkehr vorerst
tatsächlich gehemmt. Die Besonderheit aber, die der Weltkrieg brachte,
bestand in der Steigerung der tatsächlichen Verkehrsunterbrechung zu
einer durch privatwirtschaftliche Rechts verböte gesicherten Sperre. Dies
geschah in weitem Umfange durch die Einbeziehung der Wirtschaft
jedes im feindlichen Staatsgebiete Wohnhaften und jedes feindlichen
Staatsangehörigen, ja sogar des Neutralen in die Verkehrssperre. Die
Steigerung der schon im wirtschaftlichen Imperialismus vorgebildeten
Ausschlußbestrebungen zu einem förmlichen System des privat
wirtschaftlichen Kampfrechtes samt zivil- und straf
rechtlichen Sanktionen war eine Besonderheit des Wirtschaftskrieges im
engeren Sinne.
Die andere Besonderheit war die Ausgestaltung der Seehandels
sperre durch die Entente unter Durchbrechung der bisherigen
Schranken des Prisenrechtes und die Vergeltung durch den Untersee
bootkrieg.
Dieser verschärfte Wirtschaftskampf während des Weltkrieges stand
zunächst im Dienste der politischen Kriegsziele. Durch ihn sollte der
Gegner wirtschaftlich soweit geschwächt werden, daß er seinen militärischen
Widerstand auf geben muß. Er ist auf Seite der alliierten und assoziierten
Mächte von Erfolg begleitet gewesen. Der militärische Zusammen
bruch der Mittelmächte und der mit ihnen verbündeten Mächte ist zum
guten Teil auf die Schwächung der wirtschaftlichen Widerstandskraft des
Hinterlandes und schließlich auch der militärischen Front zurückzuführen.
Der Wirtschaftskrieg verfolgte aber noch weitergehende Ziele. Es sollte
das Wirtschaftsleben der Mittelmächte und ihrer Verbündeten derart ge
schädigt werden, daß es auch nach Abschluß des militärischen Friedens
durch die Fortdauer des Wirtschaftskrieges für längere Zeit oder gar
dauernd außerstande gesetzt sein werde, den Wettbewerb in der
Weltwirtschaft wieder aufzunehmen. Man hat im Hinblick auf dieses
Ziel von einer besonderen Art des Wirtschaftskampfes, dem „Handels
krieg“ gesprochen (Harms, Einführung zu Schuster-Wehberg,
Wirtschaftskrieg 1, At. VII und Sicherungen 20).
Es ist von Bedeutung, zu erkennen, daß der Wirtschaftskampf sich der
Mittel wirtschaftlicher Gewalt bedient, mag sie nur tatsächlich geübt
oder durch Rechtsformen geschützt sein. Der Staat schließt seine
Grenzen durch den Kampfzoll, er duldet oder fördert die gewaltsame