Full text: Der Wirtschaftskampf der Völker und seine internationale Regelung

VI 
Vorwort. 
nissen andrerseits, ist von einer wachsenden politischen Spannung be 
gleitet. Diese Politik nennt sich im Verhältnis zu selbständigen Staaten 
noch immer Handelspolitik und ist in Wahrheit bereits wirtschaftlicher 
Kampf; sie nennt sich im Verhältnis zu noch unerschlossenen Gebieten 
Kolonialpolitik und ist in Wahrheit bereits Kolonialkrieg. Sie kann 
eine künstliche Arbeitsteilung zwischen einem Agrar- und einem Industrie 
staat, eine Vorherrschaft dieses über jenen erzeugen (Kautsky, 
Handelspolitik und Sozialdemokratie 17). 
Der wirtschaftliche Imperialismus steigerte sich im Weltkriege zu 
einem, der militärischen Kriegführung an die Seite tretenden Systeme 
wirtschaftlicher Peindseligkeiten, dem sogenannten 
Wirtschaftskrieg im engeren Sinne. Br zeigt sich im Lichte 
der wirtschaftlichen Vorläufer nur als eine Steigerung der bereits vorher 
gegen einen oder einzelne Mitbewerber angewandten Mittel wirt 
schaftlicher Gewalt. Der wirtschaftliche Imperialismus bediente sich 
der gewaltsamen Methoden schon vor dem militärischen Kriege; er ließ nach 
dem. militärischen Waffenstillstände vom 11. November 1918 das wirk 
samste wirtschaftliche Kampfmittel der Entente, die Blockade, fortbe- 
stehen; ja die Absichten der gegen den bestandenen Vierbund alliierten und 
assoziierten Nationen deuten auf eine Fortdauer des Wirtschaftskrieges nicht 
nur während der Zeit des Wiederaufbaues, sondern auch darüber hinaus. 
Der wirtschaftliche Imperialismus ist in seiner höchsten Steigerung 
ein Ausfluß des Schutzzollsystems und eine Betätigung der herrschenden 
Wirtschaftsform, des anlagebedürftigeu Großkapitalismus. Er wird 
geradezu als „Konkurrenz gleich starker und gleich gearteter Kapi 
talismen“ beschrieben und bekämpft (Renner, Österreichs Erneue 
rung 3, 97). 
Infolge der fortschreitenden Industrialisierung des Erwerbslebens haben 
die führenden Staaten, insbesondere die Großmächte, ihre auswärtige Politik 
auf die Sicherung der Einfuhr von Lebensmitteln und Rohstoffen und die 
Sicherung der Ausfuhr von Halb- und Fertigfabrikaten und Bodenerzeug 
nissen gerichtet, um die Ausgaben für die Wareneinfuhr durch die Erträg 
nisse der Warenausfuhr zu decken. Die immer noch weitverbreitete Theorie 
von der Notwendigkeit einer aktiven Handelsbilanz hat weiters 
dazu beigetragen, die Förderung der Ausfuhr als unerläßlich zu betrachten. 
Derart hat sich ein immer unverhüllter zutage tretendes Streben nach 
„geschlossenen Einflußgebieten“, in denen Einfuhr und 
Ausfuhr ausschließlich zu Diensten des Mutterlandes stehen, gebildet. 
Die kapitalistische Betriebsform ist so stark geworden, daß sie die Grund 
lage des ganzen wirtschaftlichen Getriebes der Nation geworden ist 
(K a u t s k y, Handelspolitik und Sozialdemokratie 17). Es wird die 
wirtschaftliche Vorherrschaft nicht nur ständig vertieft, sondern immer 
mehr zu einer Umwandlung in eine politische gedrängt.
	        
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