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Hier interessiert uns nicht die technisch-organisatorische Seite des
Kriegswesens (obwohl auch sie durch die allgemeinen technischen
und ökonomischen Verhältnisse bestimmt wird). Hier interessiert
uns die soziale Bedeutung dieser Erscheinung, Um die Frage
nach dem „Wesen“ des Krieges beantworten zu können, müssen
wir diese Frage genau so historisch anfassen wie die Frage des
Staates. Dann werdön wir auch eine ähnliche Antwort be
kommen, nämlich, daß der Krieg, vom soziologischen Standpunkt,
ein Mittel zur Reproduktion jener Produktionsverhältnisse ist,
auf Grund deren er entsteht.
Der Staat ist ein „außerökonomischer Faktor“. Dessenunge
achtet hat er eine gewaltige ökonomische Bedeutung. Ebenso
bildet auch der Krieg, als Funktion der Staatsgewalt, während ei
ern „außerökonomischer“ Faktor ist, einen der mächtigsten Hebel
des ökonomischen Prozesses,*)
Bei einer weiteren theoretischen Analyse muß die Frage
detailliert werden. Der gesellschaftliche Prozeß ist ja nicht nur
die Erweiterung einer bestimmten Produktionsstruktur. Er ist
außerdem der Prozeß der Ablösung der einen Formen, der einen
„Produktionsweisen“, der einen „ökonomischen Strukturen“
durch andere. Aber die Ablösung der „Grundlagen“ wird auch
von der nötigen Veränderung ihrer staatlichen Hülle begleitet.
Die neuen Produktionsverhältnisse sprengen die alte politische
Schale.
Jede Phase der historischen Entwicklung und jeder Typus
der Produktionsverhältnisse hat jedoch auch seine spezifische
Gesetzmäßigkeit. Um irgendeine Epoche theoretisch zu ver-
*) Werner Sombart gibt in seiner bereits erwähnten Arbeit „Krieg und
Kapitalismus“ eine Schilderung des Einflusses der Kriege auf das Entstehen
des Kapitalismus selbst. Die Methode Sombarts, der verschiedene Mütter
(bald den Krieg, bald den Luxus und die Liebe — vergl, sein Buch „Luxus
und Kapitalismus") nacheinander den Krieg gebären läßt, je nach der Laune
des würdigen Herrn Professors, zieht jedoch unvermeidlich fürchterliche
Uebertreibungen nach sich.