WANDEEUNGSVERLAUF UND GETROFFENE MASSNAHMEN. 85
regierung gefordert wurde. Bereits am 22. Februar be
schloß das Reichskabinett, im Reichsministerium des Innern
eine Abteilung für die elsaß-lothringischen Angelegenheiten -
zu errichten. An die Spitze dieser Abteilung wurde als
Ministerialdirektor ein Altelsässer, der bisherige elsaß-
lothringische Direktor der direkten Steuern, berufen. Am
27. Februar wurde in der Nationalversammlung ein Not
gesetz für elsaß-lothringische Angelegenheiten in 1., 2.
und 3. Lesung angenommen (RGBl. Jahrg. 1919, S. 257).
Dieses Gesetz übertrug bis auf weiteres die dem Statt
halter und den Verwaltungsbehörden Elsaß-Lothringens zu
stehenden Befugnisse auf den Reichsminister des Innern.
Ausführendes Organ wurde die im Reichsministerium des
Innern neu gegründete Abteilung für Elsaß-Lothringen.
Ihr Tätigkeitsbereich umfaßt keineswegs nur die Fragen,
die im Zusammenhang mit den nach Deutschland ein
gewanderten Elsaß-Lothringern auftauchten, sondern sämt
liche Aufgaben, die sich bei der Durchführung des Friedens
vertrages ergeben, soweit diese sich auf EIsaßiLothringen
beziehen, insbesondere die Erfüllung der in Ausführung
des Friedensverträges geschlossenen Abkommen, wie z. B.
das gemäß Art. 62 des Friedensvertrags geschlossene Pen
sionsabkommen, das gemäß Art. 58 geschlossene Finanz
abkommen 1 ). Für unsere weiteren Betrachtungen kommt
jedoch diese Ministerialabteilung nur insoweit in Betracht,
als sie bei der Hilfe für die vertriebenen Elsaß-Lothringer
Bedeutung erlangt hat.
Wenn im folgenden von der Tätigkeit und der Stellung
dieser Ministerialabteilung zu andern Hilfsstellen für die
vertriebenen Elsaß-Lothringer gesprochen wird, darf nicht
übersehen werden, daß diese Abteilung nur als Organ des
Reichsministers des Innern tätig ist, und sämtliche wich
tigen Entscheidungen durch den Reichsminister des Innern
selbst getroffen werden.
1) Welche Fülle von Arbeit in dieser Abteilung zu leisten ist,
erhellt schon aus der Tatsache, daß am 1. September 1920 in ihr
300 Beamte beschäftigt waren. Sämtliche Stellen sind mit aus Elsaß-
Lothringen vertriebenen Beamten besetzt.