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den einzelnen europäischen Staaten im Jahre 1912/13, so steht Deutsch
land an sechster Stelle: Den Höchstverbrauch auf den Kopf der Be
völkerung weist Dänemark mit rund 40 Ke auf, ihm folgen England,
die Schweiz, Schweden und Holland, während die übrigen Staaten:
Belgien, Bulgarien, Frankreich, Griechenland, Italien, Österreich-
Ungarn, Portugal, Rumänien, Rußland (einschließlich Finnland),
Norwegen, Serbien, Spanien und die Türkei, zum Teil einen wesent
lich geringeren Zuckerverbrauch haben. Den geringsten Zucker
verbrauch haben die Balkanstaaten, bei denen der jährliche Zucker
verzehr auf den Kopf der Bevölkerung zwischen rund 8 kg (die
Türkei) und 3,2 kg (Bulgarien) schwankt.
Im Jahre 1912/13 wurden in Deutschland auf 547 625 Hektar
16 642 237 Tonnen^) Rüben geerntet, deren Verarbeitung zu Zucker
in 345 Rohzuckersabriken und 41 Raffinerien mit etwa 100 000 Be
amten und Arbeitern erfolgte. An Verbrauchszucker (in Rohzucker
wert berechnet) standen im Jahre 1912/13 2 706 300 Tonnen (Roh
zuckerwert) zur Verfügung. Der Verbrauch im gleichen Jahre be
ziffert sich auf 1424 788 Tonnen (Rohzuckerwert), die Ausfuhr auf
1068000 Tonnen?); 52,64 % der deutschen Gesamtzuckererzeugung im
Jahre 1912/13 wurden also im Jnlande verbraucht, während 39,09 %
an das Ausland abgegeben wurden. Der Rest blieb vorrätig.
Jedenfalls schien dieser günstige Stand der Zuckerwirtschaft
Deutschlands Gewähr dafür zu bieten, daß Deutschland im Kriegs
falle nicht nur seinen eigenen Bedarf an Zucker reichlich zu decken
imstande sei, sondern auch die durch Verhinderung der Einfuhr zu
erwartende Verringerung anderer Nährwerte durch ausgiebigere Ver
wendung von Zucker ersetzen könne.
II. Der Gang der deutschen Zuckerwirtschaft im Kriege bis
zur Verordnung vom 10. April 1916.
Bei der Erörterung der Frage der deutschen Ernährungs
wirtschaft im Kriegsfalle hatten in langen Friedensjahren die Ver
treter der Freihandelsschule wie die Anhänger des Schutzzolls
der Überzeugung Ausdruck gegeben, daß der Ertrag des deutschen
Bodens zur Zeit nicht hinreichend sei, um im Falle eines
Krieges die Versorgung unseres Volkes mit Getreide sicherzustellen.
Wenn Brentano in seiner Streitschrift über die deutschen Getreide
zölle den Nachweis führte, daß sich das deutsche Volk an 313 Tagen
') Slatistisches Jahrbuch f, das Deutsche Reich Jahrg. 1915 S. 109.
Ralhkes Adreßbuch der Zuckerindustrie 1916/17 S. XVIII.