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wirtschaftlichen Erzeugnisse überhaupt und im Rahmen des gesamten
Ernährungsproblems. Eine solche Darstellung muß aus mannig
fachen Gründen späteren Friedenszeiten vorbehalten bleiben.
Ein kurzer Rückblick auf die Ausführungen in den voraus
gehenden Kapiteln läßt als Ursachen der gegenwärtigen Zucker
knappheit erkennen:
1. die natürlichen Schwierigkeiten des Zuckerrübenanbaues und
der Zuckererzeugung als Folge des Kriegszustandes,
2. die Einschränkung der Anbaufläche im Betriebsjahre 1615/16
durch gesetzliche Maßnahmen,
3. die Verwendung von Zuckerrüben und Zucker zu anderen
Zwecken als der Verbrauchszuckererzeugung und der mensch
lichen Ernährung, und
4. die Verschiebung innerhalb der einzelnen Bedarfsgruppen.
Die Übernahme der Zuckerwirtschaft durch die Reichszuckerstelle
konnte die einmal bestehende Zuckerknappheit nicht beseitigen. Aufgabe
der Reichszuckerstelle war es vielmehr, die vorhandenen Bestände
mit dem Bedarf in Einklang zu bringen und den Zucker dahin zu
leiten, wo er aus militärischen oder aus ernährungswirtschaftlichen
Gründen am dringendsten benötigt ist. Während im letzten Halb
jahre des Wirtschaftsjahres 1915/16 die Zuweisungen an gewerbliche
Betriebe und zur häuslichen Obstverwertung erheblichen Ein
schränkungen unterworfen werden mußten, ermöglichte die vorsichtige
Bewirtschaftung im Wirtschaftsjahre 1916/17 eine reichlichere Frei
gabe von Zucker an gewerbliche Betriebe, vorzugsweise zur Herstellung
von Aufstrichmitteln, und die Freigabe von 180 Millionen
Pfund Zucker zur häuslichen Ob st Verwertung. Von
den meisten Kommunalverbänden wird zur Zeit eine Monatskopf
menge von 750 g an die Bevölkerung verteilt und der ihnen hiernach
verbleibende Rest für besondere Zwecke, meistens für die häusliche
Obstverwertung, ausgespart. Diese Monatskopsmenge entspricht
der Menge, die in den meisten kriegführenden und neutralen
europäischen Staaten der Bevölkerung zur Verfügung steht. Tat
sächlich ist der gesamte Zuckcrverbrauch in Deutschland seit Kriegs-
bcginn höher, als er in Friedenszeiten war; während im Jahre
1913/14 der durchschnittliche Verbrauch auf den Kopf der Bevölkerung
nach Maßgabe der zum steuerpflichtigen Jnlandsvcrbrauche abge
lassenen Mengen 18,9 kg Verbrauchszucker betrug, dürfte er jetzt
ungefähr 1 1 / 2 kg mehr, also rund 20,5 kg Verbrauchszucker be
tragen. Wenn trotzdem die der Bevölkerung zum unmittelbaren
Verbrauche zugewiesenen Arengen ziemlich knapp bemessen werden