Währungstechnische Vorschläge für die Sicherung der Wahrung.
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infolge derselben Stimmung der Kredit und der Gebrauch der Geldsurrogate
eingeschränkt wird — dann muß der Staat mit entsprechenden Geldmassen
zu Hilfe eilen.
Der Staat muß also die Schwankungen ausgleichen, denen das Geld
angebot durch die Stimmung (Nervosität, Spekulation, Hoffnung, Angst und
Panik) unterworfen ist.
Das ist die erste und wichtigste Aufgabe des Staates in seinem Ver
hältnis zum Gelde, und diese Aufgabe überragt so weit alle anderen währungs
technischen Maßnahmen, daß sich diese samt und sonders der ersten unter
zuordnen haben.
Man könnte einwenden, daß, wenn das Angebot von Geld Schwan
kungen unterliegt, die Warenproduktion sich diesen Schwankungen anzu
schmiegen hat. Wird wenig Geld angeboten, so brauchcir die Arbeiter „nur"
wenig Waren zu erzeugen, dann stellt sich das Gleichgewicht von selber her,
ohne daß es nötig wird, mehr Geld in den Verkehr zu bringen. Man schließt
einfach die Fabriken, entläßt einfach die Arbeiter, unterläßt einfach den be
absichtigten Neubau, läßt einfach die Felder brach liegen usw., und weil dann
die Produktion von Waren und dementsprechend auch das Angebot nachläßt, so
paßt sich das Angebot von Waren dem verminderten Angebot von Geld an,
und die Preise ändern sich dann nicht mehr.
Für die Emissionsbanken hat diese zweite Methode vor allem den Vor
zug der Bequemlichkeit. Sie brauchen sich dann um gar nichts zu kümmern.
Einerlei wieviel Geld sie in den Verkehr werfen — das Warenangebot paßt
sich dem Geldangebot an. Für die Notenbank ist es viel bequemer zu sagend
„paßt euch den Geldmaßen an, die ich dem Verkehr übergebe, und laßt mich
kn Ruh!" als wenn sie umgekehrt den Bedarf an Geld ermittelt und die
Emission diesem Bedarf anpaßt.
Und tatsächlich haben sich ja auch die Emissionsbanken
dem Trägheitsgesetz folgend regelmäßig für diese bequeme
Methode entschlossen. Sie haben immer mit Seelenruhe und ver
schränkten Armen zugeschaut, wenn das Volk verzweifelte Anstrengungen
machte, um nicht „zu viel" zu produzieren, wenn die Warenpreise durch
Arbektcrentlassungen vor weiteren Einbußen geschützt wurden. Die gute, die
brave Reichsbank nannte diese Arbeiterentlassungen eine Folge der Über
produktion, und die hungernden, frierenden Arbeiter, die biederen Jünger
Marx, die sich um so viel Nebensächliches kümmern, zu dieser währungs
technischen Blasphemie haben sie nichts zu bemerken.
Es ist auch in der Hauptsache dieser Methode zuzuschreiben, warum in Ländern mit Papier
geld die Schwankungen der Preise in der Regel sehr groß sind.
Der Staat wirst hier ein Quantum Papiergeld auf den Markt, und mit diesem ehernen Be
stand, dessen Angebot von tausend Umständen beeinflußt wird, muß sich der Handel behelfen.
So war z. B. inArgentinien die Emission im Jahre 1894 auf ZOO Millionen bemessen, und mit
diesen Z00 Millionen mußte sich der Handel 6 volle Jahre bis 1900 behelfen. Auf das Wachs
tum der Bevölkerung, auf die steigende Produktion, auf die sich ausdehnende Arbeitsteilung usw.
nahm die Regierung keinerlei Rücksicht. Sie machte es genau wie die Reichsbank: behelft euch
mit meinen Emissionen, schränkt die Produktion ein, entlaßt die Arbeiter, wenn die Preise sinken.
Und sie erzielte damit auch die gleiche Wirkung. Die Preise stiegen und fielen, und diesen Schwan
kungen suchte sich die Produktion anzupassen, indem sie heute die Arbeiter zur Produktion heran-