Unmittelbare Beeinflussung des Verbrauchs. 95
Vierter Teil:
Gülerverbrauchspolitik.
14. Unmittelbare Beeinflussung des Verbrauchs.
Der Verbrauch zersplittert sich viel mehr, als die Er
zeugung der Güter. Seine unmittelbare Beeinflussung durch
die Staatsgewalt begegnet deshalb besonderen Schwierig
keiten, soweit es sich um den „unmittelbaren Verbrauch",
also den eigentlichen Genußverbrauch handelt. Gleichwohl hat
die Staatsgewalt früher in ausgedehnteni Maße eine solche
Beeinflussung versucht. Dies Bestreben äußerte sich in drei
Richtungen. Die erste besteht darin, daß die Staatsgewalt
die Versorgung der Bevölkerung mit notwendigen Nahrungs-
mitteln selbst,in die Hand nahm. Namentlich das Getreide
hat zu solchen Maßnahmen Anlaß gegeben. Im Altertum
verkaufte der Staat Getreide zu billigen Preisen; auch un
entgeltliche Hingabe des Getreides an die Bürger kam vor,
besonders in Rom, wv sie namentlich in der Kaiserzeit in
großem Umfange stattfand. Im Mittelalter war die städtische
- Politik bemüht, den Bürgern die Deckung ihres Hausbedarfs
an Getreide durch bestimmte Regelung des Getreideverkehrs
uird -Handels zu sichern. In der Zeit des „Merkantilsystems"
dienten dem gleichen Zwecke u. a. staatliche Lager, zum Teil
auch die vom Staat erzwungenen Getreidelager der Land
wirte und ihre von ihm vorgeschriebenen Vorräte. Von so
unmittelbaren Eingriffen ist die neuere Getreidepolitik ab
gekommen. Aber in den 90er Jahren des 19. Jahrhunderts
noch wurde in England gmrz ernsthaft der Gedmrke erörtert,
durch Anlage riesiger befestigter staatlicher Getreidelager, die
einen ganzen Jahresbedarf des englischen Volkes enthalten
sollen, dessen Versorgung mit Getreide für den Kriegsfall
sicherzustellen.