Full text: Wichtige Aufgaben der materiellen Fürsorge

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ist darauf zurückzuführen, daß es unmöglich ist, die Betriebe so pro 
duktiv zu gestalten und die Arbeitskräfte des einzelnen so auszu 
nützen, wie es in der freien Wirtschaft geschieht: Ein Teil der In 
sassen ist krank oder arbeitsunfähig, etwa 10 Prozent^ dazu kommen 
Sonn- und Feiertage mit etwa 14 Prozent, es verbleiben also an 
regulären Beschäftigungstagen nur 76 Prozent, davon kann wieder 
nur ein Teil produktiv verwertet werden, denn etwa 21 Prozent der 
Insassen sind mit Hausarbeiten beschäftigt, so daß 33 Prozent für 
gewerbliche und 46 Prozent für landwirtschaftliche Arbeiten zur Ver 
fügung bleiben. Bei einem Durchschnittsarbeitsverdienst von 1,12 Mk. 
täglich entfällt auf den einzelnen Verpflegungstag ein Betrag von 
83 Pfg. Es ist demnach eine erhebliche Differenz zwischen den täg 
lichen Verpflegungskosten (2,03 Mark) und dem täglichen Arbeits 
verdienst (0,83 Mark) vorhanden, sie beträgt 1,20 Mark. Dieser 
Betrag mußte bisher von den B. F. B. aufgebracht werden. Um nun 
zu verhindern, daß der einzelne B. F. V. von der an sich zweckmäßigen 
Unterbringung lediglich der Kosten wegen Abstand nimmt, erscheint 
es zweckmäßig, daß der Landesfürsorgeverband diese Berpflegungs- 
kosten übernimmt, der in der Lage ist, im Wege der allgemeinen Um 
lage die einzelnen Fürsorgeverbände mit den Kosten anteilig zu be 
lasten. Zu demselben Ergebnis gelangt man, wenn man die Unter 
bringung in ein Arbeitshaus als Erziehungs- und Besserungsmaß 
nahme gemäß dem neuen Entwurf des R. St. G.B. ansieht und mit 
der Fürsorge-Erziehung in Parallele setzt. Da der L. F. V. die Kosten 
der Fürsorgeerziehung für Jugendliche trägt, erscheint es durchaus 
folgerichtig, daß er auch die Kosten für die Unterbringung der erwach 
senen Fürsorge- und Erziehungsbedürftigen übernimmt. Wenn man 
schließlich berücksichtigt, daß die B. F. V. in den meisten Fällen noch 
durch Zahlung von Unterstützungsbeträgen an die Angehörigen der 
Insassen in Anspruch genommen werden, so leuchtet es ohne weiteres 
ein, daß diese bei den an sich schon hohen Aufwendungen für die all 
gemeine Wohlfahrtspflege kaum in der Lage sind, auch noch diese 
besonderen Pflegekosten zu tragen. 
Man könnte dagegen einwenden, daß im Falle der Übernahme 
der Unterbringungskosten auf die Provinz die B. F. B. allzuhäufig 
von der Unterbringung Gebrauch machen würden. Dem steht jedoch 
entgegen, daß die Bezirksausschüsse als selbständige Verwaltungs 
gerichte die Voraussetzungen für die Unterbringung nach streng objek 
tiven Gesichtspunkten und rein sachlich zu prüfen und zu entscheideil 
haben. 
5. Die Unterbringung darf nur solange dauern, als die gesetz 
lichen Voraussetzungen dafür vorliegen. Stirbt beispielsweise der ein-
	        
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