28 1. Die Lage der Ölmüllerei in Preußen vor Einführung der Oe Werbefreiheit.
umständliches Räderwerk herzustellen war. Die geringste
Schadhaftigkeit oder Unordnung an diesem aus Holz herge
stellten Räderwerk verursachte einen Stillstand des Betriebes,
und es mußte bei den geringen technischen Kenntnissen der
damaligen Zeit in solchen Fällen „oft meilenweit ein Werk
verständiger herbeigeschafft werden, um das Fehlende wieder
herzustellen, da die gewöhnlichen Handarbeiter dazu nicht im
stande waren“ 1 ). Entsprechend diesen Nachteilen war denn
auch die Verbreitung derartiger Roßölmühlen nur eine verhält
nismäßig geringe und hauptsächlich auf den Osten des Reiches
beschränkt, wo sie auf den großen Gütern, auf denen die Tier
kraft billig zur Verfügung stand, vielfach zur Eigenproduktion
verwandt wurden. Verarbeitet werden konnten in ihnen täglich
ungefähr 4—5 Scheffel Samen, doch wurde eben wegen der
vielen Unterbrechungen häufig diese Ziffer nicht erreicht. Über
die Ausbeute an Öl, welche mit ihnen erzielt wurde, sind heute
Zahlen nicht mehr festzustellen, doch kann dieselbe nur gering
gewesen sein, da das Anspannen einer Schraubenpresse so lang
sam vonstatten ging, daß das Saatgut bei Erreichung des höch
sten Preßdrucks bereits ganz erkaltet und der Zweck der Er
wärmung dadurch ein rein illusorischer war.
ln der Ölschlägerei finden wir die typische Vertreterin des
Systems des Lohnwerks. Sie war über das ganze Land ver
breitet, fand sich aber besonders in den Gegenden, in welchen
viel Flachs gebaut wurde; dort gab es fast in jedem Dorfe einen
oder gar mehrere Ölschläger, welche sich nur mit Lohnmüllerei
befaßten und den Bauern die beim Flachsbau als Nebenprodukt
erzielten Leinsamen zu Öl und Kuchen verarbeiteten. Die Ein
richtung solcher Ölschlägereien bestand gewöhnlich aus einem
Stampfwerk, welches nach Art der Hirsestampfen von Menschen
getreten wurde, einem: Wärmeherde und einer Handpresse. Zum
Auspressen mußte der Landmann dem Ölschläger Leute zur
Hilfe ins Haus schicken, welche die Stampfen treten, die Samen
in den Grubenlöchern und auf den Wärmeherden umrühren und
überhaupt dem Ölschläger zur Hand gehen mußten. Über die
Leistungen solcher Betriebe gehen die Angaben auseinander,
doch dürften immerhin drei Arbeiter, wenn sie gut eingeübt und *
x ) Schreiber, Beiträge zur Mühlenbaukunde. Königsberg 1837.
Heft 1, S. 27.