Full text: Einführung in das Studium der Konjunktur

2. Konjunktur u. Krisen im Zusammenhang mit d. Organisation d. Wirtschaft. 11 
sie vornehmlich mit dem allgemeinen Rückgang des Wirtschafts 
lebens in jener Zeit oder fremder Konkurrenz zusammenhingen. 
Mit der Mitte des 18. Jahrhunderts beginnen jedoch diese krisen 
artigen Störungen häufiger zu werden, vor allem in den wirtschaftlich 
fortgeschritteneren Gebieten, und sich zu einer ziemlich regelmäßigen 
Erscheinung im Gange des Wirtschaftslebens auszubilden. In Eng 
land, in welchem die oben geschilderte Umwälzung der Wirtschafts 
ordnung nach der Richtung des Kapitalismus am frühesten und am 
stärksten eingesetzt hatte, traten z. B. solche Krisen auf in den 
Jahren 1745, 1763, 1772, 1778, 1783, 1793, 1796, 1810, 1815, 1819, 
1825, 1836, 1839, 1847, 1857, 1864, 1866, 1873 usf. Ein ähnliches 
Bild, wenn auch erst von einem späteren Zeitpunkte ab, je nach der 
Stufe ihrer wirtschaftlichen Entwicklung, zeigten dann, vor allem seit 
dem Beginn des 19. Jahrhunderts, auch die übrigen Kulturstaaten. 
Man sieht aus den eben für England gegebenen Daten, daß, vor 
allem mit dem Ende des 18. Jahrhunderts, diese krisenartigen Stö 
rungen eine Regelmäßigkeit zu werden beginnen, daß in gewissen 
Zeitabständen Aufschwung und Niedergang im Wirtschaftsleben sich 
ablösen, daß, wie oben dargelegt, eben die Wellenbewegung im 
Wirtschaftsleben, die Schwankungen der Konjunktur, das charak 
teristische Merkmal, das Normale der wirtschaftlichen Entwicklung 
dieser neuen Zeit werden. Darin lag das eine, was diese Störungen 
von jenen der älteren Zeiten unterschied, daß sie so häufig und mit 
einer solchen Regelmäßigkeit auftraten, daß man in den Kreisen 
derer, welche sich wissenschaftlich mit diesen Erscheinungen be 
schäftigen, von einer Periodizität der Krisen zu reden begann. 
Diese Häufigkeit und Regelmäßigkeit in den wirtschaftlichen Stö 
rungen war aber nicht das einzig Neue, was die neuere Entwicklung 
in dieser Hinsicht gebracht hatte. Die älteren Krisen, von denen 
oben kurz die Rede gewesen war, boten der wissenschaftlichen Be 
trachtung keine tieferen Probleme. Die ältere Nationalökonomie hat 
sich deshalb auch kaum mit diesen Fragen beschäftigt. Es gab hier 
für die Wissenschaft nicht viel zu erklären. Es waren von außen 
kommende Faktoren, Staatshankerotte, Geldverschlechterungen, offen 
zutage liegende Spekulationen, aus welchen sich diese krisenartigen 
Störungen ohne weiteres erklären ließen. Auch heute kommen immer 
wieder solche Störungen vor, bei denen offensichtlich äußere Momente 
Jie Ursache bilden. In dieser Hinsicht können auch noch heute fehl 
gegangene große Spekulationen oder Mißernten eine große Rolle spie 
len; oder man denke daran, welch störender Einfluß der Weltkrieg 
mit seinen Folgen, vor allem die Schwankungen in der Valuta, auch 
auf die dabei nicht unmittelbar beteiligten Staaten ausgeübt haben.
	        
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