Full text: Die Berliner Arbeiterbewegung von 1890 bis 1905

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seine Resolution zugunsten der von Kautsky eingebrachten zurückzog, nachdem 
diese auf Vorschlag von Bebel an einer Stelle eine weniger unbedingte 
Formulierung erhalten hatte, war der Eindruck der Debatte doch der, daß 
über die verhandelte Frage noch erhebliche Meinungsverschiedenheiten 
bestanden. Zu lebhaften Erörterungen gab auf dem Kongreß auch eine 
Rede Veranlassung, in der nach Auffassung von verschiedenen Genossen 
der inzwischen in den Reichstag gewählte Genosse Wolfgang Leine die 
Bewilligung von Kanonen für Volksrechte in Aussicht gestellt haben 
sollte. Auch Artikel von Eduard Bernstein, worin dieser sich über die 
Wahrscheinlichkeit einer katastrophalen Entwickelung und die Bedeutung des 
Endziels der Partei für die Taktik geäußert hatte, sowie eine Zuschrift 
des Genannten an den Kongreß ließen starke Meinungsverschiedenheiten 
zutage treten. 
Hannover (9. bis 14. Oktober 1899). Neben einer Resolution, die 
die Aufforderung zum Kampf wider die noch nicht erledigte Zuchthaus 
vorlage der Regierung wiederholt, sind die Lauptresolutionen des Partei 
tages eine von Bebel beantragte und in sechsstündiger Rede begründete 
längere Resolution über die Grundanschauungen der Partei und eine 
von Geyer begründete Resolution über die Stellung der Partei zum 
Militarismus. Zu ersterer hatte das im Frühjahr 1899 erschienene 
Buch Eduard Bernsteins: „Die Voraussetzungen des Sozialismus und die 
Aufgaben der Sozialdemokratie" Anlaß gegeben, und die nach drcieinhalb- 
tägiger, teilweise sehr scharfer Debatte beschlossene Resolution erklärt, daß 
die bisherige Entwickelung der bürgerlichen Gesellschaft der Partei keine 
Veranlassung gebe, ihre Grundanschauungen über diese aufzugeben oder 
zu ändern, und kein Grund für sie vorliege, ihr Programm, ihre Taktik, 
oder ihren Namen zu ändern. Zur erneuten Erörterung der Frage des 
Militarismus hatte ein Aufsah Nlar Schippels: „V9ar Friedrich Engels 
milizgläubig" Anlaß gegeben. Hier erhielt die Diskussion einen noch 
gereizteren Charakter, und neben der Lauptresolution, welche rein sachlich 
das Festhalten am Kainpf wider den Militarismus betont, ward noch eine 
Resolution angenommen, welche erklärt, daß die Ausführungen Schippels 
über die Militärfrage im Widerspruch mit den Grundsätzen der Sozial 
demokratie ständen. Aus dem Vvrstandsbericht an den Kongreß verdient 
hervorgehoben zu werden, daß die Partei im Februar und März 1899 
in fünf Wochen über 88 000 Mk. zugunsten der Angehörigen von 
neun in Löbtau in Sachsen wegen eines unbedeutenden Krawalles zu 
57 Jahren Zuchthaus und 4 Jahren Gefängnis verurteilten Arbeitern 
gesammelt hatte. Das Löbtauer Arteil hatte die sozialistische Arbeiterschaft 
Deutschlands mit Recht im höchsten Grade erregt. 
Mainz (17. bis 21. September 1900). Die Teilnahme Deutschlands an 
der internationalen Aktion zur Niederwerfung des Boxeraufstandes in China 
gab den Anlaß, die Frage der Weltpolitik auf die Tagesordnung des Kon 
gresses zu setzen. Eine von Paul Singer eingebrachte und begründete Reso 
lution, welche die kapitalistische und militaristische Welt- und Kolonialpolitik 
verurteilt, wird einstimmig angenommen, und ebenso findet eine Resolution 
gegen Englands Krieg wider die Transvaalburen Annahme. Annahme 
findet auch eine von R. Calwer beantragte und begründete Resolution 
über die Verkehrs- und Handelspolitik der Sozialdemokratie,
	        
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