Full text: Denkschrift betreffend die Neuregelung der handelspolitischen Beziehungen Deutschlands zu den Vereinigten Staaten von Amerika

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die Sache so, daß der Umstand, daß Staat A auf 
grund eines unbedingten Meistbegünstigungsan 
spruches dem Staate B Tarifkonzessionen ohne 
weiteres und ohne besonderes Entgelt einzuräumen 
verpflichtet ist, die er dem Staate C gemacht hat, 
den Staat D noch nicht berechtigt, auf grund der 
Reziprozitätsklausel die gleichen Vorteile „umsonst“ 
für sich anzusprechen. Die in einem allgemeinen 
Meistbegünstigungsvertrag gemachten Zugeständ 
nisse gelten, um in der Sprache der Reziprozitäts 
verträge der Niederlande mit dem Zollverein zu 
reden „als verabredet, um in deren ganzen Zu 
sammenhang als Vergeltung für die durch solche 
Verträge erworbenen Vorteile zu dienen.“ 
Auch die Union zieht für die Interpretation 
des „umsonst“ der Reziprozitätsklausel aus unbe 
dingten Meistbegünstigungsverträgen keine Schlüsse. 
Wir hatten in den Jahren 1891 und 1898 mit der 
Union den Reziprozitätsvertrag von 1828 laufen. 
Zu gleicher Zeit liefen glatte Meistbegünstigungs 
verträge der Union mit der Schweiz, dem Oranje 
Freistaat und mit Serbien. Diese Länder wurden 
der Zollermäßigungen aus Sektion III des Mac 
Kinleytarifgesetzes und des Dingleytarifgesetzes 
ohne weiteres zu teil. Trotzdem aber mußte 
Deutschland die betreffenden Vergünstigungen 
besonders erkaufen, — ein deutlicher Beweis 
dafür, daß auch die Union die glatten Meistbe 
günstigungsverträge für die Interpretation des Be 
griffes „umsonst“ der Reziprozitätsklausel nicht 
heranzieht. 
Anders stehen die Dinge im Hinblick darauf, 
daß wir de facto auch Staaten umsonst in den 
Genuß unseres Konventionaltarifes gesetzt haben, 
mit denen wir bedingte Meistbegünstigungs 
verträge laufen haben (Niederlande, Argentinien), 
Staaten, die uns von Rechts wegen Äquivalente 
bieten müssten, um in den Genuß unserer Minimal 
zölle zu gelangen. Könnte man sich entschließen, 
die bedingten Meistbegünstigungsverträge, die 
Deutschland noch laufen hat, strenger zu hand 
haben, so wäre es weniger gefährlich, die Rezi 
prozitätsklausel in einen Vertrag mit der Union 
aufzunehmen. So aber schwebt ein Damokles 
schwert über uns, wenn wir in einen Vertrag 
mit den so überaus auslegungsgewandten Ameri 
kanern die Reziprozitätsklausel aufnehmen, bezw. 
diese aus dem Vertrag von 1828 nicht entfernen. 
Sonach empfiehlt sich, zunächst wenigstens, 
der zweite Weg, also einen spezifizierten Rezi 
prozitätsvertrag mit der Union zu verein 
baren, d. i., für bestimmte Artikel gewisse 
Zollermäßigungen festzulegen und nach 
Umständen die weitere Vereinbarung da 
ran zu knüpfen, daß, wenn dritten Staaten 
gegenüber erneuteReduktionen stattfinden,
	        
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