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die großen Züge in der Entwickelung des menschlichen
Geistes aus den Augen verliert, gelegentlich der Unter
suchung der schädlichen materiellen und moralischen
Wirkungen der merkantilen Prohibitionen und Zölle
sagt er die folgenden Worte, die aus einer tiefen Beob
achtung stammen: „Es verdient bemerkt zu werden,
was die Erfahrung uns lehrt, daß die Billigkeit des
Weines keine Ursache des unmäßigen, sondern des
mäßigen Weingenusses zu sein scheint. Die Einwohner
der weinbauenden Länder scheinen im allgemeinen die
Enthaltsamsten zu sein. Die Leute sind selten über
mäßig in dem, was ihre tägliche Kost bildet . .
Die letzten Worte brauchen nur die Analyse und
die Formulierung eines scharfsinnigen Kopfes, eines
Jevons, Menger oder Böhm-Bawerk, und die Grenz
nutzentheorie ist da; sie ist hier latent, in nuce ent
halten, also eine so epochemachende Entdeckung ist sie
trotz der anerkannten Verdienste ihrer scharfsinnigen
Fortbildner doch noch nicht.
Und sollte nun vielleicht Ricardo diese Aussprüche
auch bei A. Smith nicht beachtet und gekannt, die
Bedeutung des darin enthaltenen Gedankens nicht ge
ahnt haben, Ricardo, der so viele wirtschaftliche und
soziale Phänomene gerade mit einem Seherauge durch
schaut hat? Eine ungerechte Zumutung, die nur aus
einem Mißverständnis der gehackten Sätze Ricardos
entstehen kann.
Die Ursache, warum Ricardo die sonst elementaren
und einleuchtenden Phänomene der subjektiven Nutzen
abschätzungen nicht etwas eingehender behandelt hat,
ist wohl darin zu suchen, daß er kein gewandter Ka-
suistiker, kein ins Subjektive eingehender, plastisch dar
') A. Smith, Wealth of nations, ed. Mc. Culloch, IVbook
3<J Ch., p. 384.