Contents: Graf Georg Kankrin in nationalökonomischer und finanzwirtschaftlicher Beziehung

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zu stellen, insbesondere aber »die Produktivität der Nation 
zu heben suchen«, besonders durch Zollgesetze. 1 ) 
Als Zweck wirtschaftlicher Tätigkeit einer Nation er 
achtet Kankrin jedoch nicht »die höchstmögliche Erzielung 
des reinen Ertrages«, sondern »das allgemeine, wenn auch 
mittlere Wohlsein der meisten«. 2 ) Denn, wie er noch sagt, 
je »weniger der Arbeiter verzehrte, das heißt, je elender er 
wäre, desto größer würde der reine Ertrag sein«. 3 ) Dies 
würde aber die Ruhe, Sicherheit und unabhängige Existenz 
des Staates sehr gefährden. »Um einen Staat von außen 
möglichst zu befestigen, ist vorerst nötig, daß er eine seiner 
Größe angemessene Bevölkerung besitze, und die weit 
überwiegende Mehrheit dieser Bevölkerung durch Eigentum, 
gesicherte Existenz, persönliche Freiheit und einen billigen, 
wenn auch sehr verschieden ausgemessenen Anteil an dem 
Nationaleinkommen, zugleich aber durch Moralität und zu 
friedenen Sinn fest an den Staat gebunden sei, sich also 
för seine Existenz lebhaft interessiere, mithin Kraft gegen 
außen und Ruhe im Innern gewonnen werde. Allein diesem 
muß der höchste reine Ertrag untergeordnet werden«. 4 ) 
Die Stellung Kankrins zu den weiteren verschiedenen 
Fragen der volkswirtschaftlichen Theorie und Praxis werden 
wir noch des näheren in folgenden Kapiteln dieser Arbeit 
kennen lernen. Aus dem, was wir bisher zur Klarlegung 
des Standpunktes Kankrins vorgeführt haben, geht jedoch 
schon deutlich hervor, daß unser Autor als unleugbarer 
Vertreter der Theorie von der Handelsbilanz, also als ein 
Merkantilist und zwar als Anhänger der Mittelstandspolitik 
z u bezeichnen ist. 
Desgleichen haben wir in dem Vorhergehenden kon 
statieren können, daß Kankrin im »Weltreichtum«, namentlich 
der Produktivitätsfrage, stark von der physiokratischen 
Lehre beeinflußt war. Wenn er dann in der »Ökonomie« 
seine Auffassung von der Produktivität auch stark im mer- 
■) Ök. 249. — a ) Ök. 35, 97. — 3 ) Ök. 97. - *) Weltr. 102.
	        
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