Full text: Nationale Bodenreform

„Die zunehmende V er s <h ul d u n g ist meiner Meinung 
nach einer der Ha u p t k r e b s s < ä d e n, unter denen die 
Landwirtschaft heute leidet. Sie ist die e in z i g e Ursache 
dafür, daß die Landwirtschaft sich besonders wenig wider- 
standsfähig gegen die ungünstigen Konjunkturen gezeigt hat. 
Zweifellos bringt die Zollgeseßgebung den jetzt lebenden Land- 
wirten nicht unerhebliche Vorteile. Sicher ist, daß diese Vor- 
teile in gewisser Zeit, meist schon in einer Generation in Ge- 
fiall von höheren Schulden e skomptiert ssein 
werden, sodaß dann die Landwirtschaft sich wieder auf dem- 
selben Standpunkt befinden wird, auf dem sie heute steht . . . 
Ich glaube daß d ie Ent schu l d ung einer der 
twichtigsten, ja vielleicht die wichtigste s0- 
zia p o lit i s< e Au fg abe i st, welche der Staat gegen- 
wärtig zu lösen hat; denn ein gesunder möglichst zahlreicher 
Grundbesitz ist das sicherste Fundament des Staates, während 
ein unter Schul d kn e ch t s < a f t seufzender Grundbesitz 
leicht in die Arme revolutionärer Elemente getrieben wird. 
Ein schuldenfreier Grund und Boden ist aber auch sehr viel 
mehr in der Lage, selbständige Besitzer zu ernähren, als ein 
verschuldeter.“*) 
Seit dieser programmatischen Erklärung sind viele 
Jahre verflossen. Es ist aber sehr wenig geschehen, um 
der zunehmenden Verschuldung beim Besitzwechsel oder 
beim Erbgang Einhalt zu tun. Das preußissche Gesetz von 
1906 über die Zulassung einer Verschuldunggrenze ist nur 
in einzelnen Landesteilen inkraft gesetzt worden, und die 
Eintragung wie ihre Löschung waren in das Belieben der 
Eigentümer gestellt worden. Die meisten Besitzer haben 
aber die Eintragung gescheut, weil der Kreis der Käufer 
dadurch eingeengt und der Preis vermindert werden 
konnten. Den Leuten hat mehr an einem günstigem Ver- 
kauf als an einer Gesundung der Landwirtschaft gelegen. 
Bessere Erfahrungen sind mit den Besitzbefestigung Ge- 
setzen von 1908 und 1912 gemacht worden, zu deren Durch- 
führung der preußische Staat beträchtliche Summen her- 
gegeben hat, um durch die übernahme von verschuldeten 
*) Zeitschrift Bodenreform 1925 S. 275. 
350
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.