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in Großstädten werden den Lehrwerkstätten moderner Krüppel-
anstalten in Zukunft unbedingt notwendig sein. Allerdings dürfen wir
nicht außer acht lassen, daß wir im Absatz unserer Ware gerade so wie
der Kaufmann draußen im Leben von der Konjunktur abhängig sind
und dürfen unsere Hoffnungen nicht zu hoch setzen.
Wenn wir bisher den Standpunkt vertreten haben, in unsere
Werkstätten keine Maschine hineinzusetzen, die Massenartikel herstellt,
so weiß ich nicht, ob es nicht doch an der Zeit ist, diesen unseren bis-
herigen Standpunkt in der Ausbildung unserer Pfleglinge zu ver-
lassen, um durch große Aufträge, die wir durch die Maschine erledigen
können, Geldmittel der einzelnen Werkstatt zuzuführen für die Aus-
fitdung derjenigen Pfleglinge, die zur Qualitätsarbeit erzogen werden
ollen.
Noch eine Möglichkeit, die Mehrausgaben zu verringern, könnte
man in dem im Gesetze vorgesehenen Staatszuschuß erblicken. Ein
Anrecht auf diesen Staatszuschuß von 3,00 Mk. pro Schüler werden
wir jedoch erst dann haben, wenn unsere Anstaltsberufsschule staatlich
anerkannt ist. Wir werden nach dieser staatlichen Anerkennung streben
rügen: ob uns mit diesem Zuschuß viel gedient sein wird, möchte ich
ezweifeln.
Wollen wir aus unserer Anstaltsfortbildungsschule eine Berufs-
schule im modernen Sinne machen, sollen unsere Lehrwerkstätten
Werkschulen werden und noch mehr als bisher mit unserer Berufs-
schule Hand in Hand arbeiten, so erfordert dieses eine nicht unbedeu-
tende Umstellung unserer bisherigen Verhältnisse, erfordert bedeutende
Mehrausgaben. Schrecken wir nicht vor denselben zurück. Unser Ziel
muß sein, dem Handwerk tüchtige und wertvolle Kräfte in unseren
körperlich behinderten Pflegebefohlenen zuzuführen, die mitarbeiten
können am Wiederaufbau des deutschen Handwerks und der deutschen
Wirtschaft. Eins aber dürfen wir bei allem Streben in Theorie und
Praxis nicht aus dem Auge verlieren. Es ist das höchste, beste Gut,
das wir haben und das wir tragen in einem zerbrechlichen Gefäß:
Es ist die Seele unserer Pflegebefohlenen. Trotz Theorie und Praxis,
trotz modernen Fortschritts bleibt immer das Wort mit lapidaren
Lettern uns geschrieben:
„Wahre Krüppelpflege ist Pflege der Krüppelseele!“