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können. Vor allem sind auch die Schulärzte zu dieser Mitarbeit be-
rufen. Die Ursache dafür, daß noch so viele Krüppelleiden entstehen,
die sehr wohl hätten vermieden werden können, liegt nach Professor
Biesalski hauptsächlich darin, daß die Ürzte früher eine völlig unzu-
reichende Ausbildung in der Orthopädie erhalten haben und daß dieser
Zustand bis heute noch so geblieben ist. Daher hat es auch an einer
zielbewußten Aufklärung der breiten Öffentlichkeit, der Eltern und
Erzieher gefehlt. Nur wenn das Krüppelleiden in seinen Anfängen
richtig erkannt und beurteilt wird, läßt sich ein größerer Schaden rer-
hüten. Eine regelmäßige kostenlose Untersuchung und
Beratung der gefährdeten Kinder ist daher eine der
wichtigsten Voraussetzungen für einen Erfolg.
Am schwierigsten ist natürlich die Vorbeugung bei den ange-
b or enen körperlichen Defetten, wo die Ursache gewöhnlich in der
ersten Keimanlage gegeben ist. Der sog. „böse Blick“, Verwünschungen
und das „Versehen“ der Schwangeren, vielfach noch in abergläubisscher
Weise verantwortlich gemacht, sind wohl meistens Phantasieprodukte
und finden keine naturwissenschaftliche Erklärung, wenn auch durchaus
nicht jeder Einfluß der Psyche der Mutter auf die Entwicklung des
Kindes bestritten werden soll. Wenn man den Mangel an Fruchtwasser
als Ursache für Abschnürungen von Beinen und Armen oder für Ab-
knickung des Kopfes und des Fußes (Schiefhals, Klumpfuß) an-
schuldigt, so wird auch hiermit die Ursache in die erste Keimanlage ver-
legt. In Übereinstimmung hiermit zeigt sich auch, daß Erblichkeit bei
Mißbildungen eine große Rolle spielen. Verletzungen des Kindes bei
der Geburt sind zuweilen mit schweren und dauernden Störungen
verbunden durch Gehirnblutungen und Nervenlähmungen. Die Not-
wendigkeit und das Verlangen nach einer besseren geburtshilflichen
Ausbildung hat namentlich in letzter Zeit auch in ärztlichen Zeitschriften
Ausdruck gefunden.
Die Wandlungen, welche der Körper in seiner weiteren Entwick-
lung durchmacht, stehen unter der Wirkung von sog. „Blutdrüsen“
(Schilddrüse, Thymus, Geschlechtsdrüse, Hypophyse), welche in ver-
schiedenen Lebensstufen verschiedene Bedeutung besitzen und durch
„innere Sekretion“ das Wachstum und den Stoffwechsel beeinflussen
im Verein mit den wichtigen Stoffwechselzentren des Gehirns, denen
eine zentrale Beherrschung des Wachstums zugeschrieben wird. So
wird es verständlich, daß gewisse Gifte, welche sich mit Vorliebe an
Nervenzellen und Blutdrüsen verankern (z. B. die Lues), eine so ver-
hängnisvolle Wirkung bis in die dritte Generation entfalten können.
Diese Erkenntnis kann in einzelnen Fällen den Weg zeigen, durch ent-
sprechende Kuren eine Entgiftung des Körpers herbeizuführen und
Ersatzstoffe für die innere Sekretion (Hormone) zu schaffen, wodurch