222 Oberbürgermeister Mitzlaff:
Universalwarenhäuser und -fabrikationsstätten von unendlicher Viel-
seitigkeit waren,
Die Aufgabe der Gemeinden war zu groß und zu vielseitig, um
überall ganz zu klappen, zumal angewiesen auf ungeschultes Personal
und im Kampf mit einer nervösen und die Achtung vor dem Gesetz
immer mehr verlierenden Bevölkerung. Aber die Aufgabe mußte gelöst
werden und sie wurde gelöst. Freilich kann, wer selbst daran mit-
gearbeitet hat, nur mit der Erfahrung daraus hervorgehen, daß nur die
absolute Notwendigkeit eine solche „Sozialisierung‘ rechtfertigen kann,
daß zwar die Aufgabe, jedem die notwendige Ration zuzuführen, nur
auf diese Weise, nicht durch die freie Wirtschaft, gelöst werden kann,
daß aber im übrigen, rein wirtschaftlich betrachtet, die
öffentliche Verwaltung nicht entfernt das leisten kann, was die berufs-
mäßige freie Wirtschaft mit ihrer durch das eigene Interesse angespann-
ten Findigkeit und durch eine lange Tradition erworbenen Geschäfts-
erfahrung leistet. Die Kenntnisse und die Geschicklichkeit, welche in
jedem einzelnen Geschäftszweig, mag es sich um Getreide und Mehl,
oder um Kartoffeln oder Eier, oder Leder oder sonst einem kleinen Aus-
schnitt der großen Wirtschaft handeln, in bezug auf die zweckmäßigsten
Bezugsquellen und Transportmittel, die Qualität der Ware, die Behand-
lung auf dem Lager, die besten Absatzmöglichkeiten, die Behandlung
der Kundschaft, die Schulung des Personals usw. aufgespeichert sind,
lassen sich, zumal für eine unendliche Vielheit von Warenartikeln, un-
möglich in einer öffentlichen Gemeindeverwaltung in gleicher Art dar-
stellen. Das Urteil kann daher nur lauten: Diese Kriegsnotwendigkeiten
mußten damals geschaffen werden, über den Krieg hinaus aber kann
das Streben nur sein, möglichst bald die freie Wirtschaft wieder in Lauf
zu setzen. Inzwischen ist dieser Kriegsspuk ja auch überall ver-
schwunden, die Getreidestelle der Reichsregierung, die am längsten ihre
Tätigkeit aufrechterhielt, ist aufgelöst und die freie Wirtschaft wieder
in ihre zuständige Rolle eingetreten,
Übriggeblieben von der ganzen Kriegswirtschaft ist zur Zeit nur
noch die Wohnungswirtschaft. Sie steht unter besonderen Gesichts-
punkten und fällt aus dem Rahmen der hier zu behandelnden Frage
hinaus. Auch sie wird verschwinden, sobald die Voraussetzungen für
ein Funktionieren der freien Wirtschaft auf diesem Gebiet gegeben
sind,
Es liegt mir als Kommunalvertreter selbstverständlich fern, die
freie Wirtschaft etwa als vollkommenes Instrument zur Versorgung der
Bevölkerung zu preisen, es wird vielmehr oft genug mit Recht Klage
geführt über ungerechtfertigt hohe Preisbildung der Wirtschaft, aber es
ist eben als allgemeine Wirtschaftsform hier nur die Privat-