II. Ethnologische
Verhältnisse.
Die Betrachtung der geographisch-klimatischen und der
geschichtlichen Verhältnisse hat eigentlich im großen schon
gezeigt, mit welchen gegebenen Faktoren die Bestrebungen
nach wirtschaftlicher Hebung der Länder zu rechnen haben,
und welche Grenzen ihnen hierbei gezogen sind. Trotzdem
ist es der Vollständigkeit halber nicht überflüssig, noch eine
kurze Untersuchung darüber anzustellen, wie die Bevölkerung
der lateinisch-amerikanischen Länder in ihrer heutigen Zu-
sammensetzung entstanden und ob eine Möglichkeit. der
Anderung in dem Mischungs- oder Züchtungsprozeß vor-
handen ist, um Bevölkerungsschichten heranzubilden, aus
denen die für die Gründung einer leistungslähigen Fabrik-
industrie nötigen leitenden und arbeitenden Elemente ge-
wonnen werden können.
Die Urbevölkerung, die im 15. Jahrhundert Amerika
bewohnte, waren die Indianer, die kulturell auf einer sehr
niedrigen Stufe standen und im allgemeinen in. geistig-
moralischen und physischen Eigenschaften nur geringe
Unterschiede aufwiesen. Daß aus diesem großen kulturellen
Tiefstande die hohen Kulturen der Tolteken-Azteken in
Mexiko und der Inka in Peru wie einsame Inseln heraus-
ragten, ist schon mehrfach erwähnt worden. Mit dieser Ur-
bevölkerung galt es nun für die Europäer sich in irgend-
welche Beziehungen zu setzen. Das hiebei im ganzen
lateinischen Amerika außer in Mexiko angewandte Verfahren
bestand kurz gesagt darin, daß dem Europäer jeder Verkehr
oder jede Vermischung mit den Eingeborenen verboten
und diese, soweit sie sich nicht zu Plantagen-, Bergbau- oder
sonstigen Arbeiten hergaben, der gewaltsamen Vernichtung
durch die Eroberer preisgegeben wurden. Diese Anordnung,
mag sie nun der bewußten Erkennung der Gefahren einer
Vermischung so ungleichartiger Rassen, wie sie Europäer
und Indianer sind, oder anderen Gründen entsprungen Sein,
entsprach jedenfalls vollkommen dem bei Besetzung eines
überseeischen Gebietes zu beobachtenden Verfahren, das
auch bei der Besiedelung von Nordamerika durch die Eng-
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