Kap. I. Die Wirtschaft im allgemeinen.
Bedürfnisbefriedigung für den Augenblick zu gewinnen. Dafür muß
dann die Bedürfnisbefriedigung im späteren Teil der Periode um so
kärglicher werden. Das wirtschaftliche Streben geht hier darauf hinaus,
die Bedürfnisse gleich vom Anfang an so zu beschränken, daß die zur
Verfügung ‘stehenden Mittel für die ganze Periode ausreichen. Dieses
Streben wird auch als ein „Wirtschaften‘‘ mit den Mitteln bezeichnet.
So muß die Ernte der geschlossenen Bauernwirtschaft, nachdem eine
gewisse Menge für die Aussaat abgezogen ist, für den Verbrauch eines
ganzen Jahres hinreichen und also, wenn sie knapp ist, einigermaßen
gleichförmig auf das Jahr verteilt werden. Dies ist ein Akt des Wirt-
schaftens, der unter Umständen den Charakter des Wirtschaftenden auf
sehr harte Proben stellen könn. Ähnliches gilt unter modernen Ver-
hältnissen für den Arbeiter oder Beamten, dessen Lohn für bestimmte
Perioden ausgezahlt wird: der Lohn muß für die Lohnperiode hin-
reichen, die Ausgaben müssen demnach auf die Periode verteilt und
die Bedürfnisse entsprechend beschränkt werden.
Betrachtet man eine Wirtschaft in ihrem Ganzen, so wird sie immer
Mittel zur Bedürfnisbefriedigung besitzen, die für sehr verschiedene
Zwecke verwendet werden können. Mit den zur Verfügung stehenden
Mitteln können also verschiedene Bedürfnisse je nach Wunsch in ver-
schiedenem Grade befriedigt werden, und es wird eine gewisse Auswahl
der Zwecke, für welche die zur Verfügung stehenden Mittel verwendet
werden sollen, getroffen werden müssen, mit anderen Worten, es muß
diejenige Anwendung der Mittel, die wir als die „wirtschaftlich beste‘‘
oder „wirtschaftlichste‘‘ bezeichnen können, angestrebt werden. Das
wirtschaftliche Streben wird dann auf Herstellung einer gewissen Gleich-
mäßigkeit der Versorgung der verschiedenen Bedürfnisse hinausgehen,
wobei auch die verschiedenen Bedürfnisse gewissermaßen gleichmäßig
beschränkt werden müssen.
Es soll also weder ein weniger wichtiges Bedürfnis vor einem wich-
tigeren befriedigt, noch ein an sich wichtiges Bedürfnis so ausschließ-
lich berücksichtigt werden, daß andere Bedürfnisse dafür ganz Ver-
nachlässigt werden. Eine gewisse, wenn auch sehr allgemeine und
vielleicht unbewußte Klassifizierung der Bedürfnisse nach ihrer Wich-
tigkeit gehört also mit zu einer wirklichen Wirtschaft. Bei dieser
Klassifizierung werden verschiedene Befriedigungsgrade einer und der-
selben Bedürfnisart als verschiedene Bedürfnisse aufgefaßt und an ver-
schiedenen Plätzen in die Rangordnung der Bedürfnisse eingestellt. In
einer geschlossenen Bauernwirtschaft kann z. B. die Beschaffung von
mehr Lebensmitteln für den Augenblick das wichtigste Ziel der Wirt-
schaft sein. Nachdem aber dies bis zu einem gewissen Grade gelungen
ist, können andere Wünsche, z. B. Aufbesserung des Wohnhauses, Be-
schaffung von neuen Kleidern usw. als die augenblicklich wichtigsten
hervortreten. Sind auch diese Wünsche verwirklicht, kann sich das