10 5. Börsengeseß vom 22. Juni 1896, 8./27. Mai 1908.
§ 1. Papier, das dem zur Herstellung von Schuldurkunden des Reichs oder der
Länder verwendeten, durch äußere Merkmale erkennbar gemachten Papier hinfichtlich
dieser Merkmale gleicht oder so ähnlich ist, daß die Verschiedenheit nur durch Anwendung
besonderer Aufmerksamkeit wahrgenommen werden kann, darf, nachdem die Merkmale
öffentlich bekanntgemacht worden sind, ohne besondere Erlaubnis weder angefertigt oder
aus dem Ausland eingeführt, noch verkauft, feilgehalten oder sonst in Verkehr gebracht
werden. Die Erlaubnis wird für das Reich von dem Reichsminister der Finanzen oder
eiter» ihm ermächtigten Behörde, für die Länder von den obersten Landesbehörden
1. Schuldurkunden i. S. dieses Gesehes sind die verzinslichen Schuldverschreibungen
des Reichs oder der Länder und die verzinslichen (oder unverzinslichen) Schaßanweisungen mit
den dazu gehörigen Zinsscheinen. Diese Schuldurkunden sind Inhaberpapiere. Das Reich oder
Land verspricht darin als Aussteller dem Inhaber des Papiers eine Geldleistung, so daß’ das
Recht auf die Leistung an den Besit der Urkunde geknüpft ist. Auf die Schuldurkunde finden
die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Schuldverschreibungen auf den Inhaber (vgl.
§§ 793ff. BGB.) Anwendung.
SD. Vgl. im übrigen die Anmerkungen zu ß 1 Ges. v. 26. Mai sö (vgl. oben S. 6), zu
denen hier zusätllich nur zu bemerken ist:
a) Das Wort „besondere“ soll offenbar klarstellen, daß für jeden Fall der Herstellung
eine neue Erlaubnis eingeholt werden muß, wenn die Erlaubnis für eine bestimmte Papier-
art in einer begrenzten Menge erteilt war.
b) Welches in einem Lande die zuständige oberste Landesbehörde ist, bestimmt sJich
nach dem betr. Landesverwaltungsrecht. Eine Ermächtigung anderer Landesbehörden durch
die oberste Landesbehörde darf, wie sich aus der der zuständigen obersten Reichsbehörde aus-
drücklich verliehenen Befugnis ergibt, nicht erfolgen.
§ 2. Wer den Bestimmungen im s 1 vorsätzlich zuwiderhandelt, wird mit Gefäng-
nis bis zu einem Jahre und, wenn die Handlung zum Zwecke eines Münzverbrechens be-
gangen worden ist, mit Gefängnis von drei Monaten bis zu zwei Jahren bestraft. Ist
die Handlung aus Fahrlässigkeit begangen worden, so ist auf Geldstrafe oder Gefängnis
bis zu sechs Monaten zu erkennen.
Wörtlich wie § 2 Ges. v. 26. Mai 85 (vgl. oben S. 7). S. die dortigen Anmer-
kungen, die mit Ausnahme von A. 8 hier Anwendung finden. Für die Geldstrafe gelten die
Bestimmungen des StGB.; an Stelle der Goldmark ist die Reichsmark getreten; vgl. § 2 V.
v. 12. Dez. 24 (RGBI. I S. 775).
§ 3. Neben der Strafe ist auf Einziehung des Papiers zu erkennen, ohne Unter-
schied, ob es dem Verurteilten gehört oder nicht. Auf die Einziehung des Papiers ist auch
dann zu erkennen, wenn die Verfolaung oder die Verurteilung einer bestimmten Person
"th! ure. § 3 Ges. v. 26. Mai 85 (vgl. oben S. 8). Auf die dortigen Anmerkungen
wird verwiesen.
§ 4. Dieses Gesetz tritt mit dem auf die Verkündung folgenden Tage in Kraft.
Die Verkündung ist am 7. Juli 25 geschehen (RGBI. I S. 93).
Börsengesetz vom g z§. gut! 19081) 4 (RGI. 1896S. 157 ff., 1908 S. 183ff.
1908 S. 2156 ff.)
Vorbemerkungen.
I. Das Geset beruht auf Art. 4 Nr. 2 alte RV. (Vgl. dazu Rehm, Einleitung A. 73,
der das Börsengeseß als Handelsverwaltungsgesetß (Börsenpolizeigesetß) anspricht). Es gilt fort
auf Grund des Überg.Ges. i. Verbindung mit Art. 178 (7 Nr. 14) RV.
1) Literatur: a) Pfleger und Gschwindt, Börsenreform in Deutschland. Cine Darstellung
der Ergebnisse der deutschen Börsenenquete, Stuttgart 1896; b) Textausgaben mit Anmer-
kungen: Küttner, Leipzig 1896; Kunreuther, Berlin 189883 Hoffmann, Berlin 1897,
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