Object: Die deutsche Wirtschaft

30. 
Die wirtschaftliche Einstellung der öffentlichen 
Verwaltung. 
Von Ministerialrat Dr. Frielinghaus, Berlin, 
I 
Die öffentliche Verwaltung Preußens und, infolge des Schwer- 
gewichts Preußens innerhalb Deutschlands, wohl ganz Deutschlands, 
war bis zum Kriege durch den Geist der alten Beamtenfamilien be- 
stimmt, denen Preußen seit den Tagen Friedrich Wilhelms I, seinen Auf- 
stieg zu verdanken hat. Sie entstammten im wesentlichen dem ost- 
elbischen Großgrundbesitz, und erst ganz allmählich hatten in den 
letzten Jahrzehnten auch Söhne anderer Familien in die allgemeine 
Verwaltung Preußens und des Reichs Eingang gefunden, ohne aber an 
dem Geist dieser Verwaltung, der im wesentlichen konservativ-agra- 
risch blieb, Entscheidendes ändern zu können. Das vertrug sich nicht 
ganz mit einer Zeit, wo Deutschland längst von einem Getreide aus- 
führenden zu einem Getreide einführenden Lande geworden war, das 
nur noch 73 % des Getreidebedarfs selbst decken konnte; wo die In- 
dustrie die jährliche Produktionsleistung der Landwirtschaft längst 
überflügelt hatte und mit gewaltigen Exportziffern unsere Handels- 
bilanz fast zu einer aktiven gestalten konnte; wo seit dem Jahre 1902 
die Produktion an Eisen und Stahl selbst die englische übertraf und mit 
der Kohle sich das gleiche im Jahre 1914 und 1915 ereignet hätte, wenn 
nicht der Weltkrieg dazwischengetreten wäre, 
Die Ursachen dieses Krieges sind, wenn auch sein Anlaß ein natio- 
naler war, wirtschaftliche gewesen, und der englische Botschafter 
Geddes in Washington hatte recht, wenn er den Krieg einen Kampf um 
die Futterplätze der Welt nannte, Auf einen solchen Wirtschaftskrieg 
waren wir mit unserem Beamtenapparat nicht vorbereitet, und wenn 
nicht Wirtschaftsführer, wie Rathenau, gleich zu Beginn des Krieges 
eingesprungen wären und die ganze Schwerindustrie mit all ihren 
geistigen und materiellen Kräften sich in den nationalen Dienst gestellt 
hätte, wir hätten nie und nimmer so lange durchhalten können, Rück- 
schauend darf man vielleicht sagen, es war ein Unglück, daß die 
lebendigen Kräfte des Handels durch eine vielleicht unvermeidliche 
Zwangswirtschaft ausgeschaltet wurden, daß der königliche Kaufmann
	        
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