FEUILLETONISTISCHE WERBUNG FÜR EIN MONDÄNES ETABLISSEMENT 255
3l. FEUILLETONISTISCHE WERBUNG
FÜR EIN MONDÄNES GESELLSCHAFTS-
ETABLISSEMENT
Auch die nüchternste, traditionslose mondäne Gaststätte wird
dem vigilanten Federmenschen irgendeinen Anhaltspunkt für
feuilletonistische Propagandaplaudereien bieten, so daß sie
interessant und fesselnd gestaltet werden können, ohne daß
man sofort den Reklamecharakter spürt. Nachstehend gebe ich
ein praktisches Beispiel dafür. Zur Abwechslung wählte ich als
Objekt einen schweizerischen Kursaal, nachdem ich in den vor-
hergehenden Kapiteln zwei verschiedene Hoteltypen behandelt
habe, Diese Kursäle der Schweiz sind ebenfalls ein besonderer
Typ. Sie vereinigen die vornehme Gaststätte mit dem mon-
dänen Vergnügungs- und Gesellschafts-Etablissement. So
kommt auch diese Art moderner Gaststätten, die aufs aller-
engste mit dem Fremdenverkehr zusammenhängen, in meinem
Werk zur Geltung.
VOM VORNEHMEN PATRIZIERHEIM ZUM
SCHÖNEN KURSAAL
Meine Gedanken schweifen ein Vierteljahrhundert zurück. Es gab
loch keine europäische Wirtschaftskrisis, weil die Länder sich nicht
gegen einander absperrten. Die Zölle und Steuern waren erträglich, wes-
halb Handel und Wandel blühten. Namentlich der Wandel, das Reisen,
sah damals, bei niedrigen Eisenbahntarifen und großem Komfort, seine
schönste Blütezeit. Den Völkern Europas ging es gut, und Erholungs-
oder Vergnügungsreisen waren längst kein Luxus mehr. Paß und Visum
kannte man nur noch vom Hörensagen. Wollte man sie kennenlernen,
mußte man schon zu den Russen oder Türken reisen.
Damals gehörte auch das Inserieren noch zu den internationalen
Künsten, Es gab Großinserenten, Liebigs Fleischextrakt-Kompagnie,
Odol-Lingner und Maggi zum Beispiel, deren charakteristische Inserate
tatsächlich in der ganzen Welt zu finden waren. Auch die Schweiz besaß