unserer Gutsbesitzer und der meisten Pächter in Bessarabien muss man
zugeben,» sagt der von uns schon zitierte Gutsbesitzer Brosschniowsky,
«dass sie geneigt sind, für einige Sommermonate den Arbeiter bis zum
äussersten auszunützen, indem sie diesen schlecht ernähren und über
mässig arbeiten lassen, manchmal sogar schlagen. Viele kontraktlich
gebundene Arbeiter verlassen mit Fluchen ihre Arbeitgeber, manche
lassen auch ihre Pässe und verdientes Geld zurück, nur um möglichst
schnell zu fliehen. In letzter Zeit aber, durch bittere Erfahrung belehrt,
geben wenige Arbeiter den Gutsherren mehr ihre Pässe. So verlieren
sie beim eigenmächtigen Verlassen der Gutswirtschaft nur ihr Geld und
können sich noch anderweitig verdingen. Es gibt freilich auch moralisch
minderwertige Arbeiter, die ihre Arbeitgeber ohne genügenden Grund
im Stiche lassen, aber diese bilden nur eine geringe Zahl, nicht mehr
als 2—3 °/o von allen Arbeitern.»
Es kommt auch oft vor, dass die Arbeitgeber, die ihre Arbeiter
vor Ablauf der bestimmten Frist entlassen möchten, ihnen das Bleiben
in ihrer Stellung unmöglich machen. Eine gewisse Erklärung finden
diese nicht zu billigenden Massnahmen der Gutsherren in der Unmög
lichkeit, den Bedarf an Arbeitskräften im Voraus festzustellen. Es kommt
oft vor, dass man im Frühjahr, sogar am Anfang des Sommers, den Saaten
stand für befriedigend hält, kurz vor der Ernte aber findet, dass die
Zahl der gedungenen Arbeiter den Bedarf übersteigt. Da der Gutsherr
keine Lust hat, die Arbeiter umsonst zu halten, so beginnt er, sie durch
schlechte Nahrung, Wohnung, durch übermässige Arbeitszeit, durch Be
strafung aus jedem unbedeutenden Anlass, ja sogar durch Prügelstrafen
zu reizen, ihn vor Ablauf der bestimmten Frist zu verlassen.
Für einen willkürlichen Feiertag wird der Arbeiter, dem Gesetz nach,
durch den Abzug des doppelten Tagelohnes von seinem Wochenverdienst
gestraft (Art. 50 u. 51). Auch der krank gewordene Fristarbeiter pflegt
einer Strafe unterworfen zu werden, indem der Arbeitgeber von dem
Fristlohn des Arbeiters für jeden Krankheitstag einen doppelten Tagelohn
in Abzug bringt. Der Tagelohn wird nicht dem Fristlohn gemäss, son
dern nach der auf dem Arbeitermarkt zur Zeit der Krankheit herrschen
den Lohnhöhe berechnet.
Dem Gesetz nach wird der Arbeiter für eine Unhöflichkeit dem
Arbeitgeber und den Mitgliedern seiner Familie gegenüber (siehe den
Anhang) wie auch für Ungehorsam dem Arbeitgeber oder dem Gutsver
walter gegenüber mit einem Monat Haft bestraft (Art. 3 Absclin. III).
Dem Arbeitgeber wird aber ausserdem noch gestattet, jede Unhöflichkeit
seitens des Arbeiters ihm gegenüber durch den Abzug des doppelten