Object: Die Steigerung der Produktivität der deutschen Landwirtschaft im neunzehnten Jahrhundert

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anzuschlagen ist, so muss diesem Umstande bei der Bildung des Resultates 
auch Rechnung getragen werden. Wie wir noch darzustellen haben werden, 
ist das Ackerland in Deutschland um 43%, die Getreideanbaufläche um 
35% gestiegen: Ziffern, die für die Gesamtproduktion sehr wesentlich ins 
Gewicht fallen. Auch die Behauptung, dass Getreidebau und Hackfruchtbau 
die gleiche Summe an Nährstoffsubstanz liefern, ist wenig zutreffend. Im 
Jahre 1900 wurden geerntet: 229,5 Mill. D.-Ztr. Getreide mit 197,4 Mill. 
D.-Ztr. Trockensubstanz, 405,8 Mill. D.-Ztr. Kartoffeln mit 101,5 Mill. 
D.-Ztr. Trockensubstanz, 136,4 Mill. D.-Ztr. Zuckerrüben (auf 460940 ha 
ä 296 D.-Ztr.) mit 25,2 Mill. D.-Ztr. Trockensubstanz und 147,5 Mill. 
D.-Ztr. Futterrüben (auf 498194 ha ä 296 D.-Ztr.) mit 17,7 Mill. D.-Ztr. 
Trockensubstanz. Es standen sich also gegenüber 197,4 Mill. D.-Ztr. 
Trockensubstanz in den vier Getreidearten und 144,4 Mill. D.-Ztr. Trocken 
substanz in Kartoffeln und Rüben. Noch grösser wird aber der Unterschied, 
wenn man nicht nur die Körner mit den Knollen und Wurzeln, sondern 
— wie es im vorliegenden Falle richtiger wäre — die Summen der ge 
samten Pflanzensubstanz (Körner und Stroh einerseits, Knollen und Kraut 
und Wurzeln und Blätter andrerseits) miteinander vergleicht. Das gesamte 
Getreidestroh liefert nämlich mindestens 10 mal soviel Trockensubstanz, 
als Kartoffelkraut und Rübenblätter zusammen. Schliesslich kommen für 
die gesamte Pflanzenproduktion nicht nur das Getreide und die Hackfrüchte, 
sondern zum mindesten auch noch die Futterpflanzen in Betracht, welche 
im Jahre 1900 10% der Ackerfläche einnahmen, während sie zu Beginn 
des 19. Jahrhunderts nur verhältnismässig spärlich angebaut wurden. Nach 
all dem Gesagten wird das Ergebnis: „die landwirtschaftliche Produktion 
im Pflanzenbau hat sich im vergangenen Jahrhundert vervierfacht“ als 
hinfällig erscheinen müssen. 
Auf die übrigen Schriften und Äusserungen über die Ertragssteigerung 
der deutschen Landwirtschaft können wir hier nicht näher eingehen. Nur 
aus der schon genannten Schrift P. Wagners sei noch erwähnt, dass 
der Verfasser aus der bei den verglichenen Gütern beobachteten relativen 
Ertragssteigerung und dem Wachstum des Ackerlandes bis 1893, das er 
mit 25 % einschätzt, auf eine Gesamtsteigerung der Körnerernte beim 
Wintergetreide von 100 auf 187V 2 , heim Sommergetreide von 100 auf 
220—250 schliesst. Die andern Schriftsteller, auf die wir teilweise noch 
im Laufe unserer Untersuchung zurückkommen werden, berühren entweder 
unser Thema nur gelegentlich oder beschränken sich bei der Untersuchung 
auf kürzere Perioden oder kleinere Gebiete oder einzelne Zweige der 
Landwirtschaft. Die umfassende Frage nach der Steigerung der gesamten 
landwirtschaftlichen Produktion während des ganzen vorigen Jahrhunderts 
ist unseres Wissens bis jetzt noch nirgends zahlenmässig erschöpfend und 
abschliessend beantwortet worden. Die vorliegende Abhandlung soll ein 
Versuch nach dieser Richtung hin sein.
	        
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