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Eine Massregel, die sich zu Gunsten der Kleincapitalien
unter gewissen Umständen ohne Gefahr einführen und auch
wohl rechtfertigen lässt, ist eine sehr mässig progressive Ein
kommensteuer. Sobald aber eine solche Steuer eine enge Grenze
überschreitet, fängt der Arbeitseifer der besitzenden Classen an
nachzulassen: die Sparsamkeit nimmt ab, die unproductive Con-
sumtion zu, die Vermehrung des Capitals wird gehemmt. Die
Anhäufung grosser Privatcapitalien darf aber nicht gehemmt
werden, denn es giebt viele volkswirthschaftlich wichtige Unter
nehmungen, die nur durch sie gefördert werden. Es sollte
daher Abstand genommen werden von einer progressiven Ein
kommensteuer in Ländern, in denen die Capitalien in einer
wünschenswerthen Weise vertheilt sind, d. h. da, wo die mitt
leren Capitalien vorherrschen.
2. Die Nachtheile der Ueberspcculation, der Differenzge
schäfte etc. können nicht obrigkeitlich beseitigt werden. Jede
Massregel, die dahin zielte, würde die freie Beweglichkeit des
Capitals hemmen. Die Gesellschaft nur kann in der weiteren
Entwickelung der Volkswirthschaft durch die Macht der Ge
wohnheit und der öffentlichen Meinung und durch allgemeinere
Aufklärung diese Uebel, wenn auch nicht ganz beseitigen, so
doch auf ein Minimum rcJuciren.
3. Die Actienfreiheit darf auch nicht beschränkt werden.
Die Actiengesellschaft, trotzdem schon drei Jahrhunderte alt,
ist erst in neuerer Zeit und in Folge unserer gegenwärtigen
wirthschaftlichen Verhältnisse eine allgemein verbreitete Form
der Unternehmung geworden; sie stüsst jedoch noch in der
Praxis auf mannigfaltige Schwierigkeiten und hat ihre definitive
Form noch nicht gefunden. Die Gesellschaft hat noch nicht
die gehörige Kenntniss ihres Wesens, und ist aus diesem Grunde
mit dem Actienwesen mancher Missbrauch getrieben worden.
Darum jedoch darf man die Actiengesellschaften nicht verwerfen
oder in ihrer Entwickelung beschränken. Es giebt manchen
Unfähigen, manchen Schwindler, manchen Betrüger, die Credit
suchen und auch finden, ohne dass der Staat sich dazwischen