94 Sechstes Kapitel. Die Entwicklung der römischen Weltwirtschaft.
einen Teil des Imports. Die römische Expansion war zunächst,
wie es scheint, vorwiegend defensiver Art, man wollte unruhige
Nachbarn los werden, bald aber sah man die Vorteile ein und
verwendete die Kriege dazu, den Haussöhnen, die nicht Platz auf
dem väterlichen Gute hatten, eine Hufe zu verschaffen, den Groß
grundbesitzern einen Zuwachs zu ihren Gütern zu gewähren. Bünd
nisse und Eroberung vergrößerten die römische Einflußsphäre über
aus rasch. Bereits im 4. Jahrhundert mußte Rom stark auf
den Handel bedacht sein, da es Caere, eine hervorragende Handels
stadt, seinem Gebiete angegliedert hatte. Die frühzeitige Bedeutung
Roms auf dem Gebiete des Handels kann man zum Teil auch
aus den Handelsverträgen mit Karthago entnehmen, deren Datie
rung freilich bis jetzt nicht einwandfrei feststeht (Polybius III, 22).
Die eigene Handelsflotte der Römer war zwar nicht allzu groß,
aber sie verwendeten frühzeitig die der unterworfenen Griechen
städte, so im 4. Jahrhundert diejenige Neapels.
Die Art und Weise, wie Rom sich neue Gebiete angliederte,
war sehr verschiedenartig, bald behandelte man gewisse Gebiete
fast wie das eigene, nahm abhängige Gemeinden in den eigenen
Verband auf, bald wieder suchte man den früheren Gegner völlig
zu vernichten. Charakteristisch für alle Zeiten ist aber die Ten
denz, durch vorgeschobene Posten die politische Macht zu sichern.
Es entstanden so Kolonien, welche den griechischen recht unähn
lich waren und am ehesten noch mit den Kleruchien verglichen
werden könnten. Mit den hellenistischen Gründungen haben sie
insofern eine gewisse Verwandtschaft, als auch diese im Reichs-
verbande standen, doch waren sie nicht wie die römischen vor
wiegend militärisch. Die römischen Kolonien sollten neue Bauern
und neue Soldaten schaffen und Römer über das besetzte Gebiet
hin verstreuen. Daß damit zugleich auch eine Ansiedlungspolitik
verbunden war, erwähnten wir bereits. Es läßt sich natürlich
nicht in jedem einzelnen Falle entscheiden, wieweit militärische
Momente, wieweit Landhunger bei jeder Gründung mitspielten.
So wie die militärischen Interessen hier den agrarischen begeg
neten, so auch in gewissem Sinne denen des Handels, indem für
gute Straßen Sorge getragen wurde. So hatte die Straße von
Rom nach Capua, die via Appia, sowohl für den Krieg als auch
für den Handelsverkehr große Bedeutung.
Die innere Entwicklung war zunächst durch den Kampf
zwischen den Großbauern, die vorwiegend den alten Geschlechtern