Weltwirtschaft.
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strömen sollten, wo ein glücklicheres Geschlecht ein friedliches Da
sein in lieblichen Hainen unter einem ewig blauen Himmel führte
(Dio v. Prusa XXXV, 18 f.). Germanien dagegen oder das nörd
liche Britannien waren wenig begehrenswert, nur aus politischen
Gründen suchte man diese Länder teilweise zu besetzen. Nach Westen
fand die Herrschaft am Atlantischen Ozean ihre Grenze, und wenn
man jenseits der Säulen des Herkules die Sonne größer als sonst
im Meere versinken sah und von einer herrlichen Insel träumte,
die fern im Westen liege, so fuhr man trotzdem nicht auf Ent
deckungsfahrten hinaus (Diodor V, 19).
Bis an die Grenzen der bewohnten Welt waren die Römer viel
fach vorgedrungen (Appian, Einleitung 1 f.). Doch begnügten sie
sich selten damit, Länder gesehen zu haben oder mit ihnen Handel
zu treiben, meist folgten den römischen Reisenden und Kauf
leuten die Kohorten auf dem Fuße. Und so verbreitete sich in
Asien, Afrika, Germanien, Gallien und Britannien nicht nur der
römische Name, sondern auch römisches Blut; denn wo der römische
Krieger hinkam, dort entstanden bald Blutmischungen aller Art.
Handel und Verkehr bewirkten, daß sich das Schauspiel wieder
holte, das Italien im Kleinen erlebt hatte: alle Eigenheiten der
Sitte, Sprache, Kleidung und Bewaffnung sowie der wirtschaft
lichen Ordnung vermischten sich immer mehr. Zu Ende der Re
publik traten jene Gebiete zurück, die ihren Bedarf selbst produ
zierten, bis gegen Ende der Kaiserzeit die eigene Versorgung wieder
in den Vordergrund trat und der länderumspannende Mittelmeer
handel zusammenschrumpfte. In der Periode aber, von der wir
hier sprechen, war die Weltwirtschaft auf ihrem Höhepunkt. Der
Kaufmann kam nicht nur in die fernen Länder, um dort zu holen,
was jene zufällig besaßen, wie dies lange Zeit bei den Indien-
fahrern der Fall war, sondern die fremden Völker paßten in immer
stärkerem Maße diesen Handel ihrer Produktion an und trieben
so selbst auf niedriger Kulturstufe ein regelmäßiges, einigermaßen
organisiertes Exportgeschäft. Von Gades bis zu den Küsten In
diens gab es überall Städte und Ortschaften, die mehr oder we
niger vom Handelsverkehr lebten, sei es, daß man Fische einsalzte
wie in einigen spanischen Gegenden und sie mit eiMen oder
fremden Schiffen nach Rom schaffte, sei es, daß man Weihrauch,
Schildkröten und Elfenbein im. Osten sammelte, um es""8em "rö
mischen Kaufmann' zu' übergeben. Aber nicht nur die fremden
Handelsplätze organisierten ihre Produktion für den Verlaus, auch