22
Eine Prüfung auf chemischem Wege ist ohne Erfolg.
Weder der Zusatz eines neutralen Alkohols, der durch gute
Rektifikation von den ihm anhaftenden Verunreinigungen
(Spuren des Rohmaterials, Fusel) befreit ist, noch viel
weniger das Alter läßt sich im Weinbranntwein nachweisen.
Selbst nicht einmal der Beweis, daß ein Branntwein auch
nur einen Teil wirklichen Weinbranntwein enthält, ist auf
chemischem Wege sicher zu führen. Die für diesen Zweck
angewandte Methode der Prüfung auf Furfurol, welche da
rauf beruht, daß Betanaphtol in Gegenwart von Acid. sul-
phuric. durch vorhandenes Furfurol im Destillat gefärbt
wird, ist durchaus kein Beweis. Denn ein sehr stark
rektifiziertes Weindestillat enthält kein Furfurol mehr,
während der kleinste Zusatz von Furfurol zu anderem Al
kohol diesen in der Analyse zu Weindestillat stempeln
würde. Ebenso verhält es sich mit den anderen Anhalts
punkten, die die chemische Analyse gibt. Weder für einen
exakten Nachweis in bezug auf das Alter, noch auf die
Herkunft eines Branntweins reichen die heutigen chemischen
Analysen aus.
Zur Beurteilung eines Cognacs ist man heute lediglich
auf die Prüfung durch Nase und Zunge angewiesen. Es ist
nicht zu bestreiten, daß es Leute gibt, die ausgestattet mit
gut funktionierenden Organen und durch jahrelange Übung
sich ein sicheres Urteil angeeignet haben. Irgend einen
Beweis, etwa vor Gericht, hiermit anzutreten, sind aber
auch diese Kenner nicht in der Lage. Auch der Fachmann
läßt sich in seinem Urteil durch die verschiedensten Um
stände beeinflussen. Die verschiedene Umgebung, der
Unterschied der Temperatur oder ein fremder Geruch im
Raum, der Genuß irgend einer Speise oder eines Getränkes
vor der Prüfung und vieles andere machen den Prüfenden
in seinem Urteil schwankend, sodaß er oft an einem Tage