Object: Die Methoden der Volkszählung, mit besonderer Berücksichtigung der im preussischen Staate angewandten

ist bereits die Rede gewesen; eben so auch davon, dass in 
Preussen nothwendig auf wohlfeilere Zählungsniethoden Bedacht 
zu nehmen sei. Es soll damit indess nicht gesagt werden, dass 
die Ausfüllung der Listen durch die Bewohner unter allen Um 
ständen wirklich der sparsamere Weg sei; er ist cs nur dann, 
sobald Das, was durch die Zählung erhoben werden soll, nicht 
allzuweit über den mittleren Horizont der grossen Masse der 
Bevölkerung hinaus liegt. Soll sich die Volksbeschreibung auf 
Details erstrecken, auf solche z. B., welche durch die neuesten 
Zählungen in England, Amerika, Belgien, Holland etc. zu Tage 
gefördert wurden, dann allerdings wird man die Mitwirkung- 
besonderer Zählungsagenten kaum entbehren können. Indess 
die Erfahrung hat es wenigstens im Königreich Sachsen bei 
drei Zählungen schon gelehrt, dass man mit Hilfe der Be 
völkerung, d. h. der Haushaltungsvorstände etc., zu ganz guten 
Resultaten kommen kann. Eigenthümlich ist dabei die W ahr- 
nehmung gewesen, dass die Ausfüllung der Listen ohne Aus 
nahme am Besten auf dem Lande und in den Gegenden ge 
schah, wo vermeintlich die geringste Bildung herrscht; am 
Schlechtesten aber in den kleinen und Mittelstädten. Die 
Ursache liegt darin, dass sich der Landmann seiner geringeren 
formalen Bildung solchen Dingen, wie einer Volkszählung 
gegenüber, bewusst ist, und darum gern dem Schulmeister 
oder dem Gericlitsschreiber oder sonst einem Schreiberei 
beflissenen eine Kleinigkeit für die Mühewaltung der richtigen 
Ausfüllung giebt. In den bezeichneten Städten aber tritt unter 
der grossen Masse oft ein gewisser Grad von Halbbildung zu 
Tage, der, wie in allen übrigen Verhältnissen, fast sei dimmer 
als gar keine Bildung ist, so auch bei einer Volkszählung sich 
nicht selten durch höchst eigene Verworrenheit und Unklarheit 
in den Antworten auf die an die Befragten gerichteten Anfra 
gen be merklich macht. 
Dass die Ausfüllung der Haushaltungs- una Hauslisten 
durch besondere Zähler ein richtigeres Resultat verbürge, als 
die durch die Haushaltungsvorstände und Hausbesitzer, kann 
im Ernste nicht behauptet werden. Sicher können die Zähler 
doch nur ausnahmsweise alle zu Zählende persönlich zählen, 
sie werden es schon als ein Glück betrachten, den Haus 
haltungsvorstand selbst anzutretfen, um aus seinem Munde das 
über seine Angehörigen zu vernehmen, was sie auizeichnen 
sollen. Sehr häufig werden sie aber auch diesen nicht treffen. 
Dann sind sie auf die Relationen der krau, der Kindei, sonsti 
ger Angehörigen, oder etwaiger Wohnungsnachbarn, wenn 
nicht gar der Hausnachbarn, angewiesen. Je weiter sie sich 
aber von der eigentlichen Quelle der richtigen Auskunft ent 
fernen, desto mehr wird letztere selbst zweifelhaft. Das ist nicht 
der Fall, wenn die Volkszählung aus dem Rahmen einer rem 
administrativen Sache heraustritt und gleichsam zu einer National 
sache, zu einem patriotischen Unternehmen gemacht wild. 
Gerade in Preussen, wo der Patriotismus so rege ist, ist von 
einer Behandlung der Zählung im bezeichneten Sinne aas 
Beste zu erwarten. Um so sicherer, wenn, wie das ja auch 
geschehen kann, die Ausfüllung so leicht und bequem als 
möglich gemacht und im Wesentlichen bios in die Antwoi ten 
Ja und Nein aufgelöst wird. 
3) Hinsichtlich der W ied er ein sa mml un g der Listen 
kommen die nämlichen Fragen, wie bei der Ausfüllung der 
selben zur Erwägung. Durch wen, wie und wann hat sie zu 
geschehen? Die erste Frage ist einfach dahin zu beantworten, 
dass der Instanzenzug für die Wiedereinsammlung derselbe 
in aufwärts steigender Linie ist, wie er bei der Austheilung 
ein abwärts steigender war. Dieselben Personen, welche diese 
ins Werk setzten, haben sich auch jener zu unterziehen. Der 
Zeit nach muss die Wiedereinsammlung schon am 4. December 
beginnen und sämmtliche Haushaltungs- und Hauslisten müssen 
spätestens den 7. December wieder in den Händen der Orts 
behörden sein. Hier erfahren dieselben ihre erste obrigkeit 
liche Prüfung, und je nachdem der Ort eine Stadt von einer 
gewissen Grösse und Verwaltungsbeschaffenheit ist, ihre erste 
Bearbeitung resp. Concentration. Welcher Art die Prüfung 
der Listen und der Concentra!ionsarbeiten sind, wird in den 
folgenden Abschnitten erörtert werden. 
4) Bei der Prüfung der Einträge und der Concentra 
tion derselben beginnen eigentlich erst die Arbeiten der Sta- 
tistik. Ihr Theil ist kein geringer. Je grosser aber das Maass 
Dessen ist, was mittels des Apparates der Volkszählung über 
die Bewohner des Staats in Erfahrung gebracht , werden soll, 
desto nothwendiger ist es, dass auch hinsichtlich der Prüflings- 
und Concentrationsarbeiten nach einer sorglich durchdachten, 
Zeit und Kräfte aufs Rathsamste zusammenhaltenden Methode 
vorgegangen werde. Diese Methode hier zu beschreiben, 
würde zu weit führen; es ist das auch mehr eine Sache der 
statistischen Technik. Keinesfalls wird es aber bei der Aus 
führung unterlassen werden dürfen, den Behörden, welchen 
die Prüfung und Concentration obliegt, allgemeine leitende 
Gesichtspunkte an die Hand zu geben, sowohl um sie zu be 
fähigen, mit einem Minimum von Zeit und Kräften ein Maximum 
zu leisten, als auch, um im ganzen Lande eine innere Gleich 
förmigkeit oder Gleichmässigkeit des Verdichtungsprocesses zu 
erzielen. Ausserordentlich förderlich für dergleichen Zwecke 
hat sich noch immer die Hinausgabe von bestimmten Formu 
laren zu den Hilfstabellen erwiesen, welche für die allmählige 
und systematisch vorschreitende Concentration in Anwendung 
kommen müssen. 
Indess ungeachtet aller Erleichterungen der Arbeit durch 
systematische Bewältigung derselben bleibt sie dennoch eine sehr 
zeitraubende, und um so mehr Zeit wird in Anspruch ge 
nommen, je mehr der Resultate aus den Einzelangaben ge 
zogen und gewonnen werden sollen. Darum ist es ganz un 
erlässlich , dass die Beendigungstermine für die einzelnen 
Schlusstabellen nicht auf einen Datum gelegt, sondern an 
gemessen über eine gewisse Zeit vertheilt werden. Selbst 
verständlich wird damit die frühere Beendigung nicht verboten; 
es muss vielmehr darauf hingewirkt werden, dass die Termine 
der Veröffentlichung das Resultat von dem der Erhebung ihrer 
Grundlagen so wenig weit als möglich weg liegen. Es giebt 
hierzu ein eben so einfaches als wirksames Mittel; es handelt 
sich nämlich blos darum, den Wetteifer der Regierungen, 
welchen die Concentration für die Regierungsbezirke obliegt, 
in Bewegung zu setzen. Das geschieht, wenn ihnen nicht blos 
gestattet wird, sondern, wenn sie sogar dazu ermuntert werden, 
die Resultate ihres Bezirks sofort, und noch bevor sie vom 
statistischen Büreau veröffentlicht wurden, in ihren Amtsblättern 
bekannt zu machen. Mögen sie immerhin noch mit einigen 
Fehlern behaftet sein, so giebt es doch kein besseres Mittel, 
letztere zu beseitigen und ihren Ursachen auf die Spur zu 
kommen, als die furcht- und rückhaltlose schnelle Veröffent 
lichung der gewonnenen Ergebnisse. Wenn man sie bald zum 
Gemeingut macht, so erwecken sie und sichern sie sich auch 
das allgemeine Interesse. Die Erfahrung hat hierüber bereits 
ihr Urtheil gesprochen. In Irland handelte man stets so, und 
ganz besonders bewährte sich dies Verfahren bei den alljähr 
lich wiederkehrenden Erhebungen der landwirtschaftlichen 
Production. Nirgends hat aber auch die Statistik schneller 
Eingang gefunden und grösseres allgemeineres Interesse erregt, 
als dort, so dass lediglich diesem letzteren die hohe, ja be 
wundernswerte Vollkommenheit zugeschrieben werden muss, 
welche die irländischen statistischen Arbeiten nach so vielen 
Richtungen, für uns noch für lange Zeit unnachahmlich, aus 
zeichnet. 
5) Die Veröffentlichungen. Lieferte bisher die 
Concentration der Resultate die bekannten fünf Tabellen, 
nämlich: die statistische Tabelle, die Tabelle über die Wohn- 
plätze, die Judentabelle, die Handwerkertabelle und die Fa 
brikentabelle, so würden die künftig aus der Concentration 
hervorgehenden Tabellen wohl etwas anders zu benennen sein, 
doch ihrem Inhalte nach wieder in vielen Stücken mit den 
alten Zusammentreffen. Abgesehen von den Titeln der Special 
tabellen, sind die Gegenstände der Tabellengruppen folgende: 
1) Die Bewohner. 
2) Die Wohnplätze und die Wohngebäude. 
3) Die Landwirtschaft und die Viehhaltung. 
4) Die Industrie. 
5) Der Handel und Verkehr. 
Je nachdem man nun aber die Specialtabellen hinsichtlich 
ihrer topographischen Erstreckung (auf Orte, Kreise, Regierungs 
bezirke , Provinzen) enger oder kürzer fasst, würde die Sta 
tistik der in genannten Gruppen enthaltenen Gegenstände 
nicht bloss zu einzelnen Tabellen, sondern zu für sich 
abgeschlossenen Veröffentlichungsreihen Veranlassung geben. 
Ob solche aller 3 Jahre von Neuem zu publiciren sind, ob 
überhaupt ihre Grundlagen aller 3 Jahre und bei jeder Volks 
zählung von Neuem zu sammeln sind, das sind Fragen, die 
hier nur beiläufig erwähnt werden können und die dahin zu 
beantworten sein möchten, dass es unnöthig erscheint, sämmt 
liche Verhältnisse, von welchen die Specialtabellen handeln, 
in einem dreijährigen Turnus zu veröffentlichen, wenn schon 
es der Erzielung grösserer Sicherheit und der Angewöhnung 
wegen nur wünschenswert!) ist, dass ihre Grundlagen bei jeder 
Volkszählung erhoben werden. Für die Ortsstatistik ist eine 
solche öftere und regelmässige Erhebung, auch wenn sie von 
keiner Concentration begleitet ist, von dem allergrössten Nutzen. 
Noch bleibt zu erwähnen übrig: Durch wen die Con 
centration der Listen zu geschehen habe: 
durch die Zählungsagenten bis zu Ortsresultaten? 
oder durch besonders errichtete amtliche Büreaus? 
oder durch die vorhandenen Behörden und deren Beamten? 
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