Full text: Die Steigerung der Produktivität der deutschen Landwirtschaft im neunzehnten Jahrhundert

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ferner über die Ausdehnung des Anbaus der einzelnen Hülsen- und Hack 
früchte, sowie der Futterpflanzen und ihre Erträge zu spärlich und zu un 
sicher sind, um darauf eine zuverlässige Berechnung gründen zu können. 
Überdies würden wir auf diesem Wege zwar die Steigerung der gesamten 
Pflanzenproduktion erkennen, aber nicht die Fortschritte erfassen, welche 
während des ganzen Jahrhunderts in der Viehzucht durch rationellere 
Haltung und Züchtung leistungsfähigerer Rassen gemacht worden sind. 
Wir wählen daher einen andern Weg und wollen versuchen, die gesamte 
Rohproduklion der Landwirtschaft, sowohl für den Anfang wie für das 
Ende des Jahrhunderts, auf tierische Substanz, speziell Fleisch, umzurechnen. 
Da wir über die Grösse des Viehstandes sicherere Angaben besitzen als 
über die Ausdehnung der Wiesen, Weiden usw., so können wir durch die 
tierischen Produkte die tatsächlichen Erträge jener Flächen besser erfassen 
als durch eine unsichere Schätzung der pflanzlichen Rohprodukte. Zugleich 
finden auf diese Weise auch die in der Viehzucht gemachten Fortschritte 
gebührende Berücksichtigung. Weiterhin haben wir auch über die Grösse 
der Bevölkerung und ihren Konsum genügende Anhaltspunkte, um mit 
einiger Sicherheit die Gesamtmenge der von ihr verbrauchten Pflanzen 
substanz bestimmen und in Fleischsubstanz umrechnen zu können. Wenn 
die Durchschnittswerte, die wir bei dieser Berechnung zugrunde legen 
müssen, die Wirklichkeit auch nicht absolut sicher treffen sollten, so werden 
event. Ungenauigkeiten bis zu einem gewissen Grade dadurch eliminiert, 
dass die Schätzungen, soweit nicht besondere Gründe eine Abweichung 
nötig machen, für den Anfang und das Ende des Jahrhunderts in gleicher 
Weise vorgenommen werden und es uns nur auf den Vergleich dieser beiden 
Zeitpunkte ankommt. 
In der Ausführung unseres Planes haben wir demnach folgende Punkte 
zu berücksichtigen: 1. die tatsächliche Fleischproduktion, 2. die Milch 
produktion, soweit dieselbe nicht schon bei der Erzeugung von Fleisch 
verrechnet ist, 3. die gesamte Pflanzensubstanz, welche an die Pferde ver 
füttert wird, 4. die Pflanzensubstanz, welche zur Ernährung der Menschen 
und zu gewerblichen Zwecken dient. 
Für das Jahr 1900/01 stellt sich nun die Rechnung folgendermassen 
dar: An wirklichem Fleisch sind erzeugt worden 2884005300 kg. Die 
Milchproduktion betrug bei rund 10 Mill. milchgebender Kühe 22 Milliard. kg. 
Davon ist zunächst ein Teil als Vollmilch an die Kälber verfüttert worden. 
Die Zahl der im Jahre 1900 geborenen Kälber betrug 7616927; da ein 
Kalb bei seiner Aufzucht bezw. bis zu seiner Abgabe an den Fleischer 
im Durchschnitt etwa 250 kg Milch verbraucht, so sind im ganzen 
1904231750 kg Vollmilch an die Kälber verfüttert worden. Ein weiterer 
Teil der Vollmilch wird von den Menschen konsumiert. Wir rechnen 100 kg 
pro Kopf und Jahr. 1 ) Das ergibt 5636717800 kg Milch mit 690497930 kg 
Trockensubstanz. Der Rest der Milch, also 14459050450 kg, wird auf 
*) In Breslau wird der tägliche Milchkonsum von der Breslauer Molkereigenossen 
schaft auf 1 /, 1 — 1 / 3 1 pro Kopf geschätzt.
	        
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