51
Elemente nennen, ist gleichgültig, wir können unser Hauptaugenmerk
also gleich auf den „voraussehenden Geist“ richten. Was ist dieser
menschliche Geist? Wie kommt er dazu, die Verhältnisse richtig
vorauszusehen? Um im wirtschaftlichen Lehen einen richtigen Blick
zu haben, muß man es eingehend studiert haben und tagtäglich weiter
studieren, ein Teil des Brentanoschen „Geistes“ besteht also in geistiger
Arbeit. Ferner wenn wir uns einen Australneger vornehmen, er kann
studieren soviel wie irgend möglich, er wird nie einen voraussehenden
Geist bekommen; mit anderen Worten, dieser Geist hat eine hohe
Kultur zur Voraussetzung. Da aber, wie Adam Smith treffend aus
einander gesetzt hat, eine Kultur nur durch Zusammenwirken von
Natur, Kapital und Arbeit erworben werden kann, so ist auch der
Geist, der sich aus dieser Kultur entwickelt hat, nur ein Produkt der
Produktionsfaktoren, zwar ein höchst produktives, vielleicht, und in
diesem Sinne hat Brentano wohl recht, das produktivste, aber doch nur
ein Produkt. Er ist also, falls wir es nicht überhaupt vorziehen, seine
Tätigkeit ganz als Arbeit anzusehen, nur ein Teil des Kapitals, das
in unserem Wirtschaftsleben tätig ist. Ausschlaggebend ist für uns
natürlich nicht die Tatsache, daß er ein Produkt ist; das ist ja
auch bei dem Produktionsfaktor Kapital der Fall, sondern daß er,
falls man seine Tätigkeit nicht als eine besondere Art der Arbeit an
sieht, restlos in dem Begriff „Kapital“ aufgeht.
So wertvoll also Brentanos Anregungen sind, und so sehr wir
ihm auch für die neuen Gesichtspunkte, die er uns in ihnen gebracht
hat, dankbar sein müssen, die Grundlagen unserer Lehre sind durch
sie nicht berührt worden. Theoretisch ist die überragende Produk
tionsbedeutung des Geistes als des einzigen Produktionsfaktors nicht
haltbar, so wenig wir natürlich seinen praktischen Einfluß auf unser
Wirtschaftsleben irgendwie verkennen wollen.
Abgesehen von Brentano und Sombart sind sich die heutigen
Nationalökonomen mithin in der Theorie der Produktionsfaktoren so
ziemlich einig, und es sind nur Fragen zweiter Ordnung, die hier und
da noch eine kleine Diskussion hervorrufen, so die oben erwähnte
Scheidung in technische und wirtschaftliche Produktionsfaktoren, oder
der Zweifel, ob man den Staat als Kapital auffassen soll 1 ) oder nicht
und ähnliches mehr. Wir wollen daher nur diese letztere, wohl
wichtigste Frage einer Erwägung unterziehen, und uns auch hier ganz
kurz fassen, da das Wesentliche hierüber schon in anderem Zusammen-
*) Wagner, Theoretische Sozialökonomik, Leipzig 1907, I, 138.
4*