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VI. Kap.: Staatshilfe
zu unterrichten (§ 3). Das Dunkel, das über die Löhne in der Hausinduftrie
ausgebreitet liegt, und das mangels einer umfaffenden Berufsorganifation
nie recht aufzuhellen ift, gehört zu den fchlimmften Mijzftänden in der Haus-
induftrie. Es führt zu völliger Regellofigkeit der Löhne, wie fie in jeder Heim-
arbeitausftellung klar zutage tritt. Der Verleger kann nach Willkür für die-
felben Arbeitsteilungen verfchiedenen hausarbeitern bald höhere, bald nie
drigere Löhne zahlen, er kann etwaigen Widerftand gegen niedrige Löhne
durch den Hinweis niederfchlagen, dajz von andern noch billiger gearbeitet
wird. Einer bedrückenden Schmutzkonkurrenz unter den Verlegern und
Zwifchenmeiftern ift Tür und Tor geöffnet. Diefen Schäden, die anderswo
durch Tarifverträge, aber auch durch die in der Natur der gefchloffenen Betriebe
gegebene Publizität unmöglich find, will man hier begegnen durch die Bekannt
machung der Löhne und die Uniformierung der Lohnfätze für diefelbe Arbeit,
Dadurch wird allerdings den Hausarbeitern kein Einflujz gewährt auf die Lohn-
feftfetzung, die nach wie vor eine uneingefchränkte Domäne des Verlegers
bleibt. Aber feine Willkür ift durch den von ihm aufgeftellten Lohnfatz be-
fchränkt; die Scheu vor dem Bekanntwerden unglaublich niedriger Löhne
wird das Lohnniveau etwas beffer geftalten helfen. Man darf hoffen, dajz
die Lohnverzeichniffe und Lohntafeln den Hausarbeitern einen wahren Nutzen
bringen.
Nicht feiten befchafft der Hausarbeiter das Rohmaterial und Zutaten. Da
in folchen Fällen das empfangene Entgelt fich nicht als reiner Arbeitslohn
darftellt, fondern auch als Preis, fo kann der Bundesrat auch die Auslegung
von Prcisverzeichniffen vorfchreiben (vgl. Abf. 3).
Bei der Wichtigkeit diefer Beftimmung beftand der Reichstag darauf und
fetzte es auch durch, dajz ihr für die ganze Hausinduftrie gefetzlicher Charakter
zuteil werde, während die Regierung wollte, dajz nur der Bundesrat für ge-
wiffe Gewerbezweige die Lohnveröffentlichung anordnen könne. Allerdings
ift diefer Gewinn teuer erkauft: § 3 des Hausarbeitgefetzes tritt nicht gleich
zeitig mit dem übrigen Gefetze, fondern erft fpäter, vielleicht erft nach Jahren,
durch eine Kaiferliche Verordnung in Kraft, nachdem nämlich durch Unter
teilungen feftgeftellt ift, in welchen Gewerbezweigen Ausnahmen zu ge
währen find.
Dajz Ausnahmen zuweilen am Platze find, kann nicht geleugnet
werden. Das Gefetz beabfichtigt durch die Maßnahme den Lohndruck zu
hemmen, und der ift hauptfächlich dort anzutreffen, wo geringwertige
Maffenartikel hergeftellt werden. Wo es fich um individuelle Arbeit handelt,
wo nur wenig Arbeiter befchäftigt find, vielleicht nur einer, kann das öffent-