§ 3. Die Entwicklung der Hausinduftrie aus dem Handwerk
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Kleider- und Wäfchekonfektion, Näherei, Plätterei, Wäfcherei, Schuhmacherei,
Fabrikation künftlicher Blumen und zahlreiche andere grojzftädtifche Haus-
induftrien verdanken ihr Entftehen vornehmlich dem unabläffigen Zuftrömen
der Landbevölkerung zur Stadt.
§ 3. Die Entwicklung der Hausinduftrie aus dem Handwerk
Die weitaus häufigfte Entftehungsart der Hausinduftrie ift ihre allmähliche
Entwicklung aus dem Handwerk. Das mittelalterliche Handwerk mit feiner
ftreng zünftigen Verfaffung ftand in fchroffem Gegenfatz zu der Unterneh
mungsform der Hausinduftrie. Das Handwerk war wefentlich Kundenproduk
tion, Produktion für den direkten Abfatz an die Konfumenten. Für Zwifchen-
händler oder für andere Meifter des zünftigen Gewerbes zu produzieren, war
in den Zunftrollen ftreng unterfagt; eine Güterzirkulation durfte nicht ftatt-
finden. Wenn nun diefe ftrenge Verfaffung der Zünfte, in deren Rahmen das
Handwerk jahrhundertelang grofz dageftanden hat, doch fchlie(zlich durch
brochen wurde und ein Handwerker nach dem andern von dem reichen Kauf
mann „fich verlegen“ liejz, fo drängten dazu die fortgefchrittenen Verhältniffe.
Insbefondere war es die Erweiterung des Verkehrs von grojzen
Handelsftädten aus, und dann die mehr und mehr Platz greifende Arbeits
teilung, welche das Verlagsfyftem für den Handwerker als vorteilhaft, ja
oft als einzige Rettung erfcheinen liejzen.
Wenn feit dem Aufblühen des deutfehen Handels im 15. Jahrhundert
immer mehr Erzeugniffe deutfehen Gewerbefleifzes auf fremden Märkten an
getroffen werden, wenn z. B. in Venedig Leinwand, Schleier, Hüte, kirchliche
Ausftattungsgegenftände, Paternofterkränze, Kupferdraht, Panzer, Nadeln,
Fingerhütc und Meffer aus Deutfchland feilgeboten werden, fo ift es undenkbar,
dajz all diefe Produkte von ihren eignen Produzenten im fernen Lande aus-
geftellt wurden. Die reichen Kaufherren der deutfehen Hanfaftädte hatten
ihren gewerbetreibenden Mitbürgern den Vertrieb ihrer Artikel abgenommen.
Sie verfügten ja über hinreichende Verkehrsmittel, überfahen den fremd-
ländifchen Markt beffer und hatten mehr Erfahrung und Gefchick in den damals
fo fehr verwickelten Münzverhältniffen: kurz, die Handwerker waren froh,
nun auch auf fremden Märkten ihre Produkte abfetzen zu können, für deren
Aufnahme der einheimifche befchränkte Markt bei weitem nicht immer aus
reichte. tfr -
So fchliejzen im Jahre 1424 vier Lübecker Kaufleute mit der Zunft der
Lübecker Bernfteindreher einen Vertrag ab, laut welchem die 12 Meifter der