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Teil der Gütergesamtheit zu sichern, anderseits
kann es dazu verwendet werden, den Güterum
satz innerhalb der Bevölkerung sicherzustellen,
oder der Bevölkerung die Beschaffung von Aus
landsgütern zu erleichtern.
Das Geld ist eine Art Anweisung
auf alle möglichen Arten von Gütern,
eine Anweisung, deren Anweisungs
kraft aber A e n d e r u n ge n un te rli e g t. Wie
man für eine Theaterkarte einen Theatersitz, für
eine Eisenbahnkarte einen Eisenbahnsitz erhält,
so kann man sich für Geld beliebige Güter ver
schaffen. Wer heutzutage Geld als Bezahlung
annimmt, tut dies, weil er damit rechnet, für das
Geld sicher irgend eine Ware, die er braucht, zu
dem landesüblichen Preise zu bekommen. Die
Ware, welche man für das Geld erhält, ist eigent
lich die endgiltige Bezahlung.
Woher stammt nun das Vertrauen, daß man
für Geld Waren erhält? Dieses Vertrauen kann
sehr verschiedene Ursachen haben. Es hängt dies
vor allem davon ab, in welchem menschlichen
System das Geld Verwendung findet. Leben wir
in einem wohlgeordneten Staatswesen, so genügt
ein Zettel, der als Anweisung dient. Der Eigen
tümer des Zettels muß nur die Sicherheit haben,
daß der Verkäufer einer Ware diesen Zettel eben
so akzeptiert, wie er ihn selbst akzeptiert hat.
Diese Sicherheit kann durch den staatlichen
Zwang garantiert werden, sie kann aber unter
Umständen auch auf rein gesellschaftlichem Ver
trauen beruhen. Anders wäre dies alles, wenn
Mißtrauen eintreten und man annehmen würde,
daß morgen die Staatsordnung und das allge
meine Vertrauen zu funktionieren aufhört. Wer
eine Theaterkarte bekommt, müßte zum Beispiel
fürchten, daß er auf seinem Sitz, wenn die Vor
stellung beginnt, einen anderen antrifft, ohne daß
es ihm gelingen würde, durch die Polizei oder
durch Richterspruch zu seinem Rechte zu kommen.
Wenn dieser Mann, durch diesen Vorfall ge
witzigt, sich wieder eine Karte beschafft, dürfte
er sich vielleicht vom Theaterdirektor eine Sicher
heit geben lassen. An der Karte für die Galerie
könnte zum Beispiel ein Stück Schokolade hän
gen, an der Karte für eine Loge eine Champag
nerflasche. Findet der Inhaber der Karte seinen
Platz besetzt, so bleibt ihm die Möglichkeit, sich
durch den Genuß des Pfandobjektes schadlos zu
halten, andernfalls gibt er die Karte mit den
daran hängenden Pfandobjekten ab. Es ist ganz
klar, daß die Karten mit den daran hängenden
Pfandobjekten eine geringere soziale Ordnung
voraussetzen, als die Karten ohne Pfandobjekte.
Unser Goldgeld nun ist einer Anweisung zu ver
gleichen, an der das Pfandobjekt dauernd
hängt. Die Note setzt eben eine höhere Organi
sationsform voraus, als das vollwertige Metall
geld. Wir sehen denn auch, daß das vollwertige
Metallgeld vielfach dann als regelmäßiges Zah
lungsmittel auftritt, wenn Organisationsmängel
vorhanden sind. Die alten Aegypter zum Beispiel
sind lange Zeit ohne eine Geldordnung ausge
kommen; sie hatten ein Magazinsystem, das einem
Naturaliengiroverkehr zur Grundlage diente. Wer
in Nordägypten in einen Staatsspeicher Naturalien
einzahlte, konnte veranlassen, daß eine gleiche
Getreidemenge in Südägypten ausbezahlt wurde.
Alles dies geschah auf Grund von Anweisungen,
wie sie uns aus spätägyptischer Zeit, aus den
letzten Jahrhunderten vor Christo, erhalten sind.
Die Geldordnung begann erst dann zu domi
nieren — obgleich das Naturaliengirowesen auch
während der Geldordnung sich weiterentwickelte
— als Aegypten ein erobernder Staat wurde. Wie
kam das? Versetzen wir uns in jene Zeit. Eine
ägyptische Garnison wird z. B. in Damaskus
stationiert. Dort kommen Araber aus dem süd
lichen Arabien hin, um z. B. Pferde zu verkaufen.
Der Aegypter hat daheim im Speicher Getreide
liegen, das er vielleicht gerne dem Araber über
weisen würde, zahlbar an irgend einer ägypti
schen Zahlstelle. Aber der Araber erklärt ihm,
daß er nach Saba zurück müsse und dort kenne
man diese Einrichtung nicht, und selbst wenn
man sie kenne, sei es unmöglich, auf eine Ge
treideüberweisung einzugehen, weil beim Aus
bruch eines Krieges alle Forderungsrechte hin
fällig würden. Der Araber dürfte daher von dem
Aegypter irgend ein Ding verlangen, das er gleich
mitnehmen kann. Es müßte verhältnismäßig
leicht transportabel sein. Außerdem müßte es
entweder für den Araber selbst unmittelbar ver
wendbar sein oder aber daheim ihm die Mög
lichkeit geben, sich das zu verschaffen, was er
braucht. Der Aegypter wird ihm Papyrus, Blau
steinschmuck, Rohsilber oder sonst etwas ge
geben haben, um ein Pferd zu bekommen. Es
liegt auf der Hand, daß die Vermehrung solcher
Geschäfte zu einem systematischen Verkehr
führte. Es entstanden eigene Kaufleute, welche
den internationalen Handel übernahmen. Dieselben
werden bald bestimmte Eigenschaften der inter
nationalen Handelsartikel herausgefunden haben.
Zunächst werden sie solche Artikel bevorzugt
haben, die mit einem möglichst geringen Risiko
belastet waren. Dahin gehörten alle Artikel, die
ein weites Absatzgebiet hatten, wie Goldgefäße,
Silberschmuck, Tonwaren, gefärbte Stoffe usw.
Vor allem waren es Schmuck- und Luxus
gegenstände, nicht Artikel des täglichen Lebens.
Dies erklärt sich in erster Reihe daraus, daß
die Artikel des täglichen Lebens, soweit sie nicht
Konsumartikel sind — und diese eignen sich zum
internationalen Transport in solch frühen Zeiten
sehr schlecht — nur in beschränkter Menge ge
kauft werden. Schmuck wurde aber insbesondere
im Altertum von den wohlhabenden Menschen
ohne Grenzen angeschafft. Man legte Horte an
und der Schatzhandel ist daher für jene frühe
Periode besonders charakteristisch. Reiche Männer
besaßen nicht einen, sondern zehn, zwanzig Drei
füße, weit mehr, als sie je verwenden konnten.
Wir können diese Zustände ziemlich deutlich aus