Full text: Zur wirtschaftlichen Förderung des Handwerks

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Für^die Ausführung der Arbeiten sollten aus 
reichend bemessene Fristen bewilligt werden, 
wobei die Lage des Marktes, der Jahreszeit und 
der Arbeitsverhältnisse zu berücksichtigen ist. 
Für die Entscheidung über den Zuschlag sollte 
unter keinen Umständen die niedrigste Geldforder 
ung an sich den Ausschlag geben. Die grund 
sätzliche Übertragung der Arbeit an den Min de st- 
fordernden wirkt auf die Handwerker demorali 
sierend und dient dabei durchaus nicht dem 
Interesse der Gemeinde; denn vielfach wird die 
Arbeit dem niedrigen und meist gar nicht aus- 
reichenden preise entsprechend schlecht und minder 
wertig ausgeführt. Der Zuschlag sollte stets auf 
das Angebot gegeben werden, das in jeder Be 
ziehung annehmbar ist und eine tüchtige und recht 
zeitige Ausführung der Arbeit gewährleistet; dabei 
ist gegebenenfalls die zuständige Handwerkskammer 
oder Innung um Auskunft über die Leistungs 
fähigkeit nicht bekannter Handwerker anzugehen. 
Schließlich sollten bei allen Vergebungen die 
ortsansässigen Handwerker vorzugsweise 
berücksichtigt werden, wenn die Handwerker das 
gegenteilige Verfahren tadeln, so ist der Tadel 
unter allen Umständen dann berechtigt, wenn die 
Vergebung an auswärtige Handwerker nur um 
ihres niedrigen Preisangebotes willen geschieht. 
Andererseits „wird man von einer Gemeinde nicht 
verlangen können, daß sie grundsätzlich unter allen 
Umständen alle Arbeiten an einheimische Hand 
werker vergibt. Das allerdings müßten alle Ge 
meinden sich zur Richtschnur nehmen: wenn sie 
gute Arbeit zu angemessenen Preisen von ein 
heimischen Handwerkern erwarten können, sollten 
sie die Arbeit nicht an auswärtige vergeben. Sie 
handeln dadurch gegen ihr eigenes Interesse, sich 
einen steuerkräftigen Handwerkerstand zu erhalten. 
Die Angelegenheit hat noch eine besondere Be 
deutung in den Grenz b ezirken, wo vielfach 
ausländische Unternehmer besonders günstige An 
gebote machen können. Mit Rücksicht hierauf hat 
deshalb der Regierungspräsident in Düsseldorf den 
Gemeinden „eine möglichste Zurückstellung von 
ausländischen Bewerbern" bei der Vergebung von 
Gemeindearbeiten empfohlen. 
Der Förderung der Standesehre im Handwerk 
dient es bei der Zuschlagerteilung die Bewerber 
vorzugsweise zu berücksichtigen, die den Meister 
titel nach Z 133 der G. M. führen dürfen. 
Ferner ist es für die Gemeinden besonders 
empfehlenswert, soweit es irgendwie tunlich ist, 
sachverständige Handwerker bei der Be 
schaffung von Verdingungsunterlagen und vor 
allem bei der Berechnung der preise und der 
Prüfung des Materials und der Arbeit zuzuziehen. 
Die Grundsätze entsprechen den Forderungen 
des Deutschen Handwerks- und Gewerbekammer 
tages und den Anweisungen des Ministeriums an 
die ihm unterstellten Behörden. Dabei kommen 
hauptsächlich Post-, Eisenbahn- und Militärver 
waltung in Betracht. Den Gemeinden hat das 
Ministerium des Innern empfohlen, das ver 
dingungswesen so zu ordnen, daß der Handwerker 
stand weiterhin gestärkt und gestützt wird. Es ist 
also bei allen Behörden, die öffentliche Arbeiten 
zu vergeben haben, die Möglichkeit vorhanden, bei 
den Verdingungen die wirtschaftlichen Schädigungen 
des Handwerks hintanzuhalten. Doch hat die 
Handwerkskammer oft genug noch Ursache gehabt, 
mit ihrer Vermittlung einzugreifen, wenn dem 
Handwerk ein Schaden drohte. So liefen wieder 
holt Beschwerden ein gegen die Art der Vergebung 
von Arbeiten durch die Behörden. Die Kammer 
hat sich jedesmal, wenn ihr Fälle bekannt wurden, 
in denen die Interessen des Handwerks hätten 
besser gewahrt werden können, mit den Behörden 
persönlich ins Einvernehmen gesetzt, und die Bitten 
sind auch nicht vergeblich gewesen. Manch schönen 
Erfolg hat die Handwerkskammer durch ihr per 
sönliches Eingreifen erreicht und so dem Handwerk 
großen Nutzen verschafft. Aber leider kommt es 
allzu oft noch vor, daß sich die Innungen hülfe- 
suchend an die Kammern wendeten, wenn es zu 
spät war. In diesen Fällen, wo sicherlich noch 
etwas zu erreichen gewesen wäre, wenn wir schon 
bei Eingabe der Offerten Fürsprache hätten ein 
legen können, mußten wir meist auf eine nachträg 
liche Einwirkung verzichten; denn es ist immer 
eine mißliche Sache, sich für etwas ins Zeug zu 
legen, das doch nicht mehr zu retten ist. Ander 
seits mußte die Handwerkskammer auch oft die 
Erfahrung machen, daß gegen Behörden entweder 
ein unpassender Ton angeschlagen ward, oder aber 
Behauptungen aufgestellt wurden, die nachher 
nicht bewiesen werden konnten. Die Handwerker
	        
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