Full text: Zur wirtschaftlichen Förderung des Handwerks

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Beamten, die sie mit derartigen Betriebsrevisionen 
betrauen, mit ganz besonderer Borgfalt vorzugehen, 
vor allem darauf zu achten, daß die Beamten über 
die erforderliche Sachkenntnis verfügen, Häufig 
wird es sich empfehlen, daß sich die Beamten 
von angesehenen Gewerbetreibenden des 
betreffenden Gewerbezweiges beraten und auf be 
sonders häufig vorkommende Verletzungen der 
behördlichen Vorschriften sowie andererseits auch 
auf die Schwierigkeiten des Betriebes und die 
damit unvermeidlich verbundenen Erscheinungen 
hinweisen lassen. Bei solchen Revisionen, die 
weitergehende Kenntnisse erfordern, werden amt 
liche Sachverständige, wie dies schon vielfach ge 
schieht, hinzuzuziehen sein, z. 8. der Kreisarzt, der 
Kreistierarzt, Mitglieder amtlicher Nahrungsmittel- 
Untersuchungsämter." 
Die Handwerkskammer ist immerhin auch in 
den letzten Jahren bemüht gewesen, für die Durch 
führung einer besseren und gerechteren Nahrungs 
mittelkontrolle zu sorgen. Mißstände ergeben sich 
hauptsächlich daraus, daß vielfach bei Beanstan 
dungen von Nahrungsmitteln lediglich auf das 
Gutachten eines Chemikers hin Anzeige an die 
Staatsanwaltschaft erstattet wird, ohne daß vorher 
ein Sachverständiger aus dem Nahrungs 
mittelgewerbe zugezogen worden wäre. Auch wird 
vielfach gerügt, daß die Gerichte bei Verhandlungen 
auf Grund der Anzeigen Sachverständige nicht 
zuziehen. Die Klagen veranlaßten die Vollver 
sammlung vom 16. Juli 1913, sich mit der 
Angelegenheit eingehend zu befassen; sie faßte 
folgenden Beschluß: 
„Die Vollversammlung beschließt, anzustreben, 
daß in allen Fällen der Beanstandung von Nah- 
rungsmilteln vor der Verweisung an das Gericht 
Sachverständige aus dem Gewerbe gehört werden." 
Zur Durchführung des Beschlusses wurden 
besondere Sachverständigen-Ausschüsse aus dem 
Nahrungsmittelgewerbe ernannt, die den Lhemikern 
die nötige Aufklärung geben sollen über die inneren 
Verhältnisse eines Handwerkszweiges und über die 
berechtigten Gewohnheiten in Handel und Gewerbe. 
Ferner wandte sich die Handwerkskammer an 
die Bürgermeister der Gemeinden des Bezirkes 
mit der Bitte, Sachverständigen aus dem Nahrungs 
mittelgewerbe Gelegenheit zu geben, sich darüber 
zu äußern, ob die gerügten Verfälschungen zum 
Zwecke der Täuschung im Handel und Verkehr 
vorgenommen worden sind. Dabei wurde besonders 
darauf hingewiesen, daß mit der Zuziehung der 
gewerblichen Sachverständigen der beabsichtigte 
Zweck nur dann vollkommen erreicht werden könne, 
wenn die Sachverständigen gehört werden, bevor 
die strafrechtliche Verfolgung bei dem zuständigen 
Gericht beantragt ist. Auch wurde wieder auf den 
Wunsch der Handwerker hingewiesen, Sachverstän 
dige schon bei der Entnahme der Proben zuzuziehen. 
Die Kammer wandte sich ferner an die Gber- 
landesgerichtspräsidenten zu Düsseldorf und 
Hamm mit der Bitte, die zu dem betr. Oberlandes 
gerichtsbezirk gehörenden Amts- und Landgerichte 
mit der neuen Einrichtung der Handwerkskammer 
(Sachverständigen-Ausschüsse) vertraut zu machen 
und ihnen zu empfehlen, zu allen Verhandlungen 
über Nahrungsmittelfälschungen neben den Chemi 
kern auch gewerbliche Sachverständige zu hören. 
Vssenbasung5eidl)el'fahl'en. 
Die Bestrebungen auf Beseitigung der Mängel im 
Gffenbarungseidverfahren hat die Kammer unter 
stützt und im Jahre 1911 dem Deutschen Hand 
werks- und Gewerbekammertag gegenüber mit 
einer Abänderung des Verfahrens nach folgender 
Richtung sich einverstanden erklärt: Auskunftspflicht 
des Schuldners über anfechtbare Veräußerungen; 
Beschränkung des Haftkostenvorschusses auf die 
Kosten für nur eine Woche; Ladung des Gläu 
bigers zu dem Termine, an welchem der verhaftete 
Schuldner den Eid leisten soll; Zuziehung eines 
Vollstreckungsbeamten zu jedem Gffenbarungseid- 
termin; schließlich die Veröffentlichung der Namen 
derjenigen, die den Dffenbarungseid geleistet haben. 
Durch die Zivilxrozeßnovelle ist allerdings gegen 
früher schon der Vorteil geschaffen, daß die beim 
Gericht geführten Listen jedermann zugänglich 
sind. Es ist jedoch außerordentlich schwierig und 
zeitraubend festzustellen, ob ein Schuldner den 
Lid schon geleistet hat. Dem wäre abzuhelfen, 
wenn sämtliche Neueintragungen in alphabetischer 
Reihenfolge, wie es ja auch bei den Eintragungen 
im Handelsregister geschieht, periodisch im Reichs 
anzeiger, in den Tageszeitungen und gleichzeitig 
allwöchentlich durch Anschlag an der Gerichtstafel 
veröffentlicht würden. Ls würde dadurch nicht
	        
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