108
Zuschuß beim Zeitungsvertrieb verhältnismäßig unbedeutend.
Die Post kann deswegen unbeschadet ihrer wichtigen Aufgabe,
im allgemeinen zum Staatsbedarf beizutragen, den Zeitungs
vertrieb ohne Durchführung des Prinzips der vollen Eigen
kostendeckung betreiben. Wenn dadurch dem Reich eine jährliche
Mehreinnahme entgeht, die vom finanzielleu Standpunkt aus
erwünscht gewesen wäre und die die Volkswirtschaft sehr wohl
hätte aufbringen können, so ist der Verlust für die Reichskassc
verhältnismäßig gering, für die Volkswirtschaft dagegen entsteht
ein Gewinn infolge Erleichterung des Zeitungsbezuges.
Aus diesen Gründen wird die Volksvertretung, wie sic
es schon im Jahre 1899 getan hat, auch weiterhin möglichst
auf niedrige Tarifierung beim Postzeitungsvertrieb hinwirken.
So lange nicht ganz besondere Umstände es erfordern, wird
es daher nicht angebracht sein, eine Aenderung des jetzigen
Post-Zeitungsgebührentarifs anzustreben. Das Opfer, das der
Staat unter Verzicht auf einen Reinertrag beim Zeitungs-
Hiernach scheint es allerdings so, als ob die Reichspost - min
destens zeitweise — keine Ucberschuß- sondern r'ne Zuschuß-Verwaltung
gewesen sei, insbesondere wenn berücksichtigt wird, daß auch die Zinsbeträge
für das Betriebskapital und die Anleihen in den Postetats nicht erwähnt
sind. Demgegenüber ist jedoch anzuführen, daß wiederum die Post in
weitgehendem Maße wirtschaftliche Leistungen auf dem Gebiete des Post-
und Telegraphenverkehrs und der Sozialvolitik unentgeltlich ausführt.
Die Forderungen der Post für Portofreiheitcn und sozialpolitische
Leistungen im Bersichcrnngswesen sind z. B'. für 1906 auf 23.9 und
10.9 Millionen M. überschläglich berechnet worden (Ullrich S. 59 u. 62).
Dazu kommt noch, daß die Kosten der Eisenbahnleistungen von der
Eisenbahn zu hoch veranschlagt sind (Poppe S. 131 u. Archiv für
Eisenbahnwesen, 1913 S. 625 u. 627). Die Post hätte „von einer
etwaigen Auseinandersetzung und nach Lage der aufzumachenden Gegen
rechnung keine Nachteile, sondern eher Vorteile zu erwarten" (Ullrich
S. 70). Nach eingehender Prüfung aller Verhältnisse hat die preußische
Eisenbahnverwaltung sich neuerdings dafür ausgesprochen, in ihren
Betriebsberichtcn und Etats künftig „die auf einer immerhin anfechtbaren
Grundlage beruhenden Schätzungen" über die Selbstkosten der Leistungen
für Postzwecke überhaupt nicht mehr zu veröffentlichen (Drucksachen usw.
a. a. O. 1912 Nr. 104 6 S. 2094). (Vgl. auch „Das Verhältnis
der deutschen Rcichspost zu den preußischen Eisenbahnen" in „Weltverkehr
und Weltwirtschaft", Märzheft 1913 S. 574; ferner „Zur Frage der
Postvorrechte auf den Eisenbahnen" im Archiv für Eisenbahnwesen,
1913 S. 624 ff. und Ausführungen des Abgeordneten Beck im Reichstag
bei den Etatsverhandlungen vom 2. März 1914).