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bei großer Verminderung der Umlaufsmittel zunächst ein Tausch auf
Grund des Kredits und der Kreditpapiere ein.
Eine dritte Geldwerttheorie, die Produktionskostentheorie,
stammt von dem Engländer Senior und ist auch von Karl Marx ver
treten worden. Entsprechend der objektiven Wertlehre hängt der Wert
des Geldes, wie der jeder anderen Ware, von seinen Produktionskosten
ab. Sind die Herstellungskosten der Ware stärker gefallen als die Ge
winnungskosten des Edelmetalls, so müsse ein Sinken der Warenpreise
eintreten. — Diese Theorie erblickt zu einseitig die Veränderungen im
Geldwerte nur auf seiten des Edelmetalls, übersieht den Einfluß von
Produktionsveränderungen auf der Warenseite. Der Tauschwert, also die
Kaufkraft des Geldes, steigt durch alle Produktionsverbilligungen.
Während die genannten Theorien den Wert des Geldes vom Wert des
Metalles ableiten und so den Tauschgutcharakter des Geldes feststellen
Metallisiert), versucht Knappt, den Tauschwert des Geldes statt auf
das geprägte Metall, auf die „N o m i n a l i t ä t d e r W e r t e i n h e i t"
zurückzuführen. Der Wert des Geldes beruhe nicht auf den natürlichen
Eigenschaften seines Stoffes, sondern darauf, daß der Staat kraft Ge
setzes gewissen, von ihm gekennzeichneten Stücken „Geltung" verleihe. Für
das Wesen des Geldes sei es gleichgültig, ob die Geldzeichen aus Papier
oder aus Metall hergestellt seien. Ausschlaggebend sei stets der staatliche
Befehl, das Vertrauen, das diesem die Allgemeinheit entgegenbrächte.
Die Rechtsordnung schaffe das Geld, es sei einfach ein Rech-
nungsmittel. Die Werteinheit, die der Staat seiner Geldschöpfung zu
grunde legt, stelle nicht den Wert der gemünzten Metallmengen, sondern
nur ein bestinimtcs Quantum abstrakter Kauf- und Zahlkraft dar. Nur mit
Zahlmarken, mit „ch a r t a l e n Stücken" könne man bei den Kultur
völkern unserer Zeit Zahlung leisten. Diese Tatsache bezeichnet Knapp
alsdie Chartalvcrfassung des Geldes. Neben der „chartalen"
Zahlung stehe der „girale" Geldverkchr: Übertragung von Werteinheitcn
durch Verfügung über ein Guthaben zugunsten eines Dritten.
Diese juristisch-dogmatischen Ausführungen Knapps hat Friedrich
B e n d i x e n (im „Wesen des Geldes" und in zahlreichen anderen Ab
handlungen) nach der wirtschaftlichen Seite ergänzt. Er begründet eine
*) Staatliche Theorie des Geldes. Die 1. Auflage ist 1905 erschienen.