Full text: Oekonomik der Transformationsperiode

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stimmt auch den Gegensatz aller Funktionen der betrachteten 
Systeme, auch wenn sie formal ähnlich sind. So z. B. bedeutet 
die allgemeine Arbeitspflicht im System des Staatskapitalismus 
eine Knechtung der Arbeitermassen; dagegen im System der 
oügt, als Beispiel die Arbeit von Franz Eulenberg anzuführen; „Arten und 
Stufen der Sozialisierung". Ein Gutachten. München und Leipzig. Verlag 
von Duncker & Humblot, 1920. Auf Seite 5 definiert der Verfasser den So 
zialismus als: „Vergesellschaftung der Produktionsmittel; das schließt die 
Leitung der Erzeugung und Verteilung für und durch die Volksgcsamtheit 
ein". Auf Seite 6 unterscheidet er unter anderem folgende „Stufen“: Unter 
Rubrik II: „Ueberführung reifer Gewerbe in die Hände der Gesamtheit; 
Vollsozialisierung (Verstaatlichung)"; unter Rubrik III: „Beteiligung der 
Gesamtheit am Wirtschaftsleben überhaupt: gemischtwirtschaftliche Be 
triebe (Staatskapitalismus)“. Man kann es kaum fertig bringen, in so wenigen 
,,gelehrten“ Zeilen soviel Unsinn zusammenzuschreiben, wie cs der ehr 
würdige deutsche Forscher vermocht hat. Die „Volksgesamtheit" sieht er 
sowohl in Gestalt des Staates „überhaupt“, d. h. eines solchen Staates, den 
es in der Welt nicht gibt, als auch eines offensichtlich kapitalistischen 
Staates: einerseits ist der Sozialismus „Vergesellschaftung“ und nichts 
weiter; andererseits ist „Vollsozialisierung" Verstaatlichung; die volle „So 
zialisierung" unterscheidet sich, laut Eulenburg, von der nicht vollen, ebenso 
wie die Sozialisierung vom Staatskapitalismus, usw. Und all das ist nach 
Fächern geordnet, klassifiziert und rubriziert! Auch Rudolf Goldscheid 
zeigt nicht die geringste Spur von Verständnis in seinem Buch, das speziell 
diesem Thema gewidmet ist. Vergl. R. Goldscheid: „Sfaatssozialismus oder 
Staatskapitalismus". Ein finanzsoziologischer Beitrag zur Lösung des Staats- 
schulden-Problems. Vierte und fünfte Auflage, Wien-Leipzig 1917. In einem 
hochinteressanten Bericht Otto Neuraths („Wesen und Wege der Sozialisie 
rung") versucht der Verfasser dem Wesen der Frage auszuweichen, indem 
«r erklärt, daß ihn die Frage, welche Machtmittel für die Sozialisierung not 
wendig seien, nicht interessiere. Er nähert sich jedoch der richtigen Frage 
stellung und steht unendlich höher als der gelehrte und kokette Schwätzer 
Sombart. Man vergleiche z, B, solche Zeilen; „Die Sozialisierung setzt vor 
aus, daß ein 'Wirtschaftsplan durch irgendeine entscheidende Zentralstelle 
verwirklicht wird. Eine solche Verwaltungswirf schall muß nicht sozialisti 
scher Natur sein, sie kann z. B, einer bevorrechtigten Menschengruppe 
günstigere Lebenslagen sichern; in Sparta sicherte eine Art Verwaltungs 
wirtschaft den Spartiaten die Arbeitserträge der Heloten . . , Einen Sozia 
listen nennen wir den, der für eine Verwaltungswirtschaft mit sozialistischer 
Verteilung eintritt.“ (S. 4, Kursiv des Verfassers.) Die Ausschaltung der 
Frage nach den „Machtmitteln", d. h, nach dem Klassenkampfe und den 
Klassen macht jedoch die ganze Fragestellung nebelhaft und verschwommen.
	        
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