Full text: Der Zucker im Kriege

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starke Geldbedürfnis des Reiches ihre Durchführung in letzter Stunde 
verhindert. Der Weltkrieg und die Steuerlast, die er im Gefolge 
hat, wird wohl die Industrie auf lange hinaus der Hoffnung be 
rauben, die Steuerermäßigung für Zucker verwirklicht zu sehen. Uni 
so wünschenswerter ist die Erhaltung einer ausreichenden Zucker- 
ausfuhrmöglichkeit für die Zeit nach dem Kriege. 
Bei den großen Vorteilen, die der Rübenbau unserer Boden 
kultur und unserer Viehhaltung bringt, muß Deutschland bestrebt 
sein, seinen Rübenbau nach dem Kriege noch weiter als vordem aus 
zudehnen. Rohzucker- wie Sicdereigewerbe können nur dann wirt 
schaftlich arbeiten, wenn die Fabriken ihre Betriebseinrichtungen mit 
Anspannung aller Kräfte voll ausnützen. Geschieht dies, so müssen 
wir wieder mit einer Ausfuhr des Erzeugungsüberschusses rechnen. 
Ein solcher wird zwar angesichts der gesunkenen Weltvorräte und der 
auch noch einige Jahre nach Friedensschluß bleibenden Anbau- 
erschwerungen sich erst langsam wieder einstellen, so sehr auch die 
baldige Aufnahme der Zuckeraussuhr schon zur Verbesserung unserer 
Währung zu wünschen wäre. Ohne starke Ausfuhr könnten Zucker 
industrie und Rübenbau auf lange hinaus nicht bestehen. Haupt- 
absatzgebiet für unsere Ausfuhr war bisher der englische Markt. Die 
Ausfuhr nach dort betrug in den letzten Jahren: 
1900/10 5 522 620 dz — 69,5 % der Gesamtzuckerciusfuhr 
1910/11 6 588 210 „ — 58,4 % 
1911/12 1,277 170 „ = 43,1 % „ 
1912/13 6219 580 „ = 54,4 % „ 
In England hat der deutsche Zucker den starken Wettbewerb 
aller Zuckerausfuhrländer zu bestehen gehabt. Das hat zu ganz 
eigentümlichen Gebilden der Steuertechnik und der Handelspolitik 
gerade für Zucker geführt, wodurch die Lage der deutschen Zucker 
industrie aufs engste berührt worden ist. Mit der Ausdehnung und 
Entwicklung der Zuckerindustrie wurden die staatlichen Einnahmen 
aus den Zuckerzöllen geringer. Zum Teil zum Ausgleich dieses Aus 
falls, zum Teil wegen der Auffassung als Luxusverbrauchsgut wurden 
Rüben und Zucker mehr und mehr als Steucrobjekte herangezogen. 
Die Art der Steuergesetzgebung führte ganz von selbst zur Gewährung 
von Prämien, die später eine kurze Zeit auch offen gezahlt wurden. 
Die auch in anderen Rübenzucker erzeugenden Ländern eingerissene 
Prämienwirtschaft brachte allmählich immer unzuträglicher werdende 
Zustände auf dem Zuckermarkte mit sich. Die jahrelangen ans Ab 
schaffung der kontinentalen Zuckerprämien gerichteten Bemühungen 
Englands brachten im Jahre 1902 die Regierungen fast aller Rüben-
	        
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