Full text: Aktive Währungspolitik

Wie man den Geldbedarf nicht messen soll. 
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begleitet sein wirb, die den Emissionsbanken zum Diskont 
vorgelegt werden. 
Und Ze mehr Gold hereinströmt, desto größer wird auch der Zudrang zu 
den Schaltern der Emissionsbanken sein, und wenn die Münzstätten mit 
Überstunden arbeiten, so müssen auch die lithographischen Pressen der 
Emissionsbanken schneller rotieren, um die Banknoten zu liefern für den 
neuen, großen, spekulativen Geldhunger, der mit der Ver 
mehrung des Geldbestandes sich einstellt. 
Wenn wir auch die Welt mit einer Goldschicht überziehen könnten, so 
würde darum doch der Geldhunger nicht gestillt werden, und die Emissions 
banken müßten die Goldschicht noch mit einer Schicht Banknoten überziehen, 
ohne doch die Genugtuung zu haben, den Geldhunger gestillt zu sehen. 
Nirgends gilt das Sprichwort so absolut wie hier: „U'appetit vient en 
mangeant“. Und umgekehrt natürlich. 
Nehmen wir an, daß an Stelle der Nachricht von dem Auffinden eines 
neuen Dorado das Gerücht sich verbreiten würde, die chinesische Negierung 
habe beschlossen, die Silbermünzen einzuziehen (wie es s. Z. das Deutsche 
Reich tat) und dafür goldene Münzen in Verkehr zu setzen, und daß zu dem 
Zwecke eine Goldanleihe in Europa von x Milliarden beschlossen worden (wie 
es Rußland, Italien usw. getan haben), die mit dem „inneren Wert" der 
eingezogenen Silbermünzen garantiert sei. 
Nehmen wir an, die Anleihe wäre auch gezeichnet worden und die erste 
Milliarde Gold sei schon nach Peking abgegangen. Nach der der Emissions 
politik zu Grunde liegenden Ansicht müßte nun eine große Nachfrage nach 
Banknoten sich einstellen, um das abwandernde Gold wieder zu ersetzen. 
Und doch ist es auch hier wieder klar, daß dieser neue gewaltige Sieg 
der Goldwährung, die Niederreißung der chinesischen Silbermauer bei 
Kaufleuten, Unternehmern, Spekulanten usw. den Glauben an einen durch 
die Golddrainage hervorgerufenen Preisrückgang aller Waren, Aktien, Grund 
stücke erwecken, daß jedermann sich beeilen würde, alles Verkäufliche abzustoßen, 
um mit möglichst geringen Beständen an den von der Baisse erwarteten 
Verlusten beteiligt zu sein. Es ist klar, daß wenn alle nur an das Verkaufen, 
niemand an Kauf und Unternehmungen denkt, daß, wenn jeder erwartet, alle 
Waren würden morgen billiger als heute und übermorgen noch billiger sein, 
das Geld kaufmännisch überhaupt nicht mehr angelegt werden 
kann und daß infolgedessen niemand Geld von der Notenbank verlangen 
wird. Wenn Geld außer Land geht und die preise sinken, dann ist auch der 
Rest des Geldbcstandes privatwirtschaftlich, kaufmännisch 
unbrauchbar. Das Geld kann überhaupt nur so lange kaufmännisch um 
laufen, als es in mindestens genügender Menge vorhanden ist und angeboten 
wird, um die Warenpreise auf gleicher Höhe zu erhalten. Genug oder nichts. 
Eben in der Baiffezeit lesen wir in der Frankfurter Zeitung vom 6. Februar 1909: 
„. . . es ist buchstäblich nicht möglich, für die flüssigen Gelder Unterkommen zu finden." 
Dies ist wohl die Beobachtung, die zu den merkantilistischen Übertreibungen 
führte. Sie bildet auch den Grundstock des bimetallistischen Arsenals. Die 
Bimetallisten behaupten immer, daß die Anhäufung des Goldes in den
	        
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