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Ausblick.
Geschichtsperioden nur angedeutet finden,- aber der Fortschritt müßte schließlich
auf ehernen Widerstand stoßen, auch die verbesserte Währung kann auf die
Dauer den Wohlstand nicht vertragen.
Damit das gesparte Geld in Umlauf kommt, ist heute der Zins nötig,-
damit Zins erhoben werden kann, müssen die Borger zahlreicher als die
Verleiher sein, muß ein Mangel an Kapital, an Fabriken, Schiffen, Häusern,
ein Überfluß an Bettlern sein. Und diesen Mangel kann nur ein Vandal,
die Krise, die Unterbrechung der Produktion, die Arbeitslosigkeit erzeugen.
Um uns Bahn zu brechen aus der Sackgasse, müssen wir zerstören mit
Bewußtsein, sengen und brennen, bis der Überfluß, in dem das Kapital
erstickte, verschwindet und der Zins, dieser Erzfeind aller Kultur, seine Wieder
geburt feiern kann.
Flürschekm, der mit seinen sonst in vielen Beziehungen so vorgeschrittenen Währungsstudien
leider nicht über diesen Punkt hinausgekommen ist, schlägt vor, daß der Staat für das sich in
den Sparkassen aufhäufende Geld neues Geld drucken und durch Staatsausgaben in den Ver
kehr bringen soll.
Das Publikum würde also das Geld zu Hause behalten, wo es mit der Zeit zu Bergen
sich anhäufen würde, während der Staat für den Einzug solcher Geldmassen nichts in Händen
hätte als Kanäle, Tunnels, Kasernen. Kommt es dann vor, daß das Volk (etwa infolge einer
Fehlernte) von den ersparten Geldern in größerem Maßstab Gebrauch machen will, so kann der
Staat die einsetzende Hausse nicht verhindern. Es kommt zu Differenzen L la Hausse, die das Geld
aufdenMarkt locken, und dazu führen, daß die während 5 —10—20 odernoch viel mehrIahren
gesparten Geldmassen (Tausende von Millionen) sich lawinenartig auf den Markt ergießen und
dort zu einer Rieseninflation führen.
Wir können alle Schäden der Goldwährung umgehen,- wir können die
Goldwährung für eine geraume Weile dem Handel dienstbar machen,- wir
können sie bemustern. Aber das werden wir niemals erreichen, daß das
Goldgeld (oder auf Gold lautende Banknoten, wie auch das gemeine Papier
geld) ohne Zins angeboten werde. Das Geld sammelt sich in den Spar
kassen. In der Industrie, im Baugewerbe bringt es keinen Zins mehr ein.
Niemand hat ein Interesse daran, cs in Umlauf zu setzen. Sogar im Handel,
im Warenaustausch, in seiner Domäne, versagt es seinen Dienst,- denn bares
Geld „in Ware stecken", ohne Zins erwarten zu können, das tut niemand.
Das Sparmittel hat das Tauschmittel erdrosselt,- die siamesische Mißgeburt,
die materielle Vereinigung von Tausch- und Sparmittel, begeht den
zu ihrer Befreiung nötigen Brudermord. Das Sparmittel erweist sich in
diesem Kampfe als das stärkere. Der Zins siegt, und erst mit der Wieder
geburt des Zinses wird der Geldumlauf wieder frei.
Muß es denn nun tatsächlich immer zu Zins- und Arbeitslosigkeit
führen? Gibt es keinen Ausweg aus der Sackgasse, in die uns selbst eine
vernunftgemäße Währungspolitik führen wird?
Der Wertapostat, der, frei von allen Visionen, vorurteilslos an die
Probleme der Volkswirtschaft herangeht, schaut mit Siegesbewußtsein in
die Zukunft,- er weiß, daß das Geldwesen ihm keine Schwierigkeiten mehr
bereiten kann, die er nicht zu überwinden vermag. Der Wertapostat beherrscht
das Geld. Wie der Schmied das starre Eisen nach seinem Willen formt,
so formt der Wertapostat das Geld nach den Bedürfnissen der Volkswirtschaft,
nach den Bedürfnissen des Volkes, das in der Kultur vorwärts kommen soll.