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sind diese paar Fachgelehrte?) niemand mit dem Geldwesen beschäftigt, und
diejenigen, die es getan haben, sind im rein Theoretischen und Abstrakten
stecken geblieben. Ganz erklärlich: Es hat ja seit Jahrzehnten an einer
zwingenden Veranlassung gesehlt, sich mit dem Geld zu beschäftigen. Das
Geld tat in allen Kulturländern brav und bieder seine Schuldigkeit. Das
Geld war eine Selbstverständlichkeit, von der man nicht viel Worte zu
machen brauchte." — (S. 13-)
Also, wenn die Bankiers zufrieden waren, wenn Morgan und tausend
andere Börsenräuber mit einem Schlage Börsendifferenzen (die nichts anderes
als Währungspsuschereien sind) im Betrage von Millionen und Milliarden
einstreichen, dann, dann ist der Beweis erbracht, daß die Goldwährung und
ihre Hüterin, die Reichsbank, brav und bieder ihre Schuldigkeit getan hat!
Es wurde uns klar, daß die Goldwährung wirksam nicht mit Literatur
allein angegriffen werden konnte, daß die „Macht der Wahrheit" ewig der
Übermacht der Lüge, des Schwindels erliegen würde. Wie die Dreadnoughts
Englands immer die zu ihrer Unterhaltung nötigen Mittel aufbringen, so
schafft auch die Goldwährung der Börse die Mittel, sie zu verteidigen. Wir
rechneten damit, daß wir nur mit Hilfe der Arbeiterorganisationen der
Wahrheit zum Siege würden verhelfen können. Angesichts der Tatsache, daß
die Dämonen es verstanden hatten, in die Literatur der Sozialdemokratie
die Goldwährungstheorie als unantastbare Wahrheit einzuschmuggeln, war
das vielleicht etwas utopisch gedacht.
Aus der Durchreise nach Deutschland sah ich Frankfurth zum letzten
Mal in Montevideo. Er verließ nur noch stundenweise das Bett. Kurz
nach meiner Ankunft in Deutschland brach der Krieg aus. Am
3. August 1914 schreibt Franksurth kn seinem letzten der erwähnten
Geldbriefe vom Silber ström: „Da haben wir endlich die Be
scherung. 81 vis pacem, para bellum. Ob man noch immer nicht genug
für den Krieg gerüstet hatte, oder ob das Schlagwort mal daneben gehauen
hat? Jetzt möchte ich nur eins, alle Beteiligten haben Goldwährung,- jetzt
möchte ich weiter nichts, als daß alle ohne Ausnahme an dieser viel gerühmten
Währung festhielten. Festhielten, koste es was es wolle! Dann hätten wir
nach 8 Tagen spätestens wieder Frieden. Die Staaten sänken wegen voll
kommener Anämie, an allgemeiner Erschöpfung zusammen. Rußland hätte
noch längst nicht zu Ende mobilisiert, da könnte Väterchen Nikolaus schon
wieder mit dem Halmwedel winken. Aber ich fürchte, es kommt anders. Man
hat die Goldwährung geduldig ertragen, so oft und so gern sie zu Arbeits
losigkeit, zu Hunger, Verbrechen und Elend mitten im Frieden zwang,- aber