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Mit Erbitterung sieht die Arbeiterschaft, wie in allen Orten die Ver
trauensmänner der Ortsgruppesi des D. L.-V. ohne jedweden Grund die
Entlassung erhalten.
Indem wir uns solidarisch mit den'Gemaßregelten erklären, fordern
wir, daß sämtliche Kündigungen rückgängig gemacht werden und nur dort
zu Recht bestehen bleiben, wo ein besonderer Grund vorliegt oder die
Mehrzahl der Arbeiter für die Entlassung stimmen.
Obwohl wir uns unserer Pflicht der Volksernährung gegenüber voll
und ganz bewußt sind, sind wir entschlossen, vorstehende Forderung, mit
allen uns zu Gebote stehenden Mitteln durchzukämpfen.
Im Einvernehmen der versammelten Kollegen, gez.: Klabunde.
Kreis Köslin.
Kreisvertrauensmann H. Haß schreibt uns:
„Ersuche hiermit den Vorstand, bei der Regierung vorstellig zu werden,
um dem brutalen Vorgehen der Großgrundbesitzer energisch entgegenzutreten
betreffs der Massenkündigungen, die jetzt bei uns im Kreise vorgenommen
werden. Die Landarbeiter werden gezwungen, den Vertrag vom Pommerschen
Landbund, d. h. von den Gutsbesitzern, zu unterschreiben. Wenn sie das nicht
machen, wird ihnen einfach die Entlassung ins Haus geschickt. Die Kollegen,
nun in größter Empörung über diese Maßnahmen, fragen mit Recht, haben
wir denn keine Regierung, die uns hier in der größten Rot schützt, oder
sollen wir wieder der Knute der Junker den Buckel hinhalten. Streiken sollen
wir nicht, die Notstandsarbeiten sollen verrichtet werden, damit das Vieh
nicht verkommt. Und wir sehen das auch ein, daß keine Werte des Staates
vernichtet werden dürfen, aber dieses machen sich die Herren zunutze und
sagen: das Vieh muß gefüttert und gemolken werden, und wenn ihr dieses
nicht macht, dann kommt einfach Militär, und das wird euch schon zur Ver
richtung der Notstandsarbeiten zwingen, mehr wollen wir ja auch gar nicht,
dann streikt so lange wie ihr wollt. Will sich der Vorstand und die Regierung
noch länger die Augen und Ohren zuhalten, indem sie von dem Treiben der
Junker hier in Hinterpommern nichts sieht und hört? Wo bleibt da öte'
Koalitionsfreiheit der Landarbeiter? Die wird ihnen einfach von den Junkern
genommen. Ich führe hier nun alle Fälle einzeln an, wo dieses brutale
Vorgehen der Herren durchgesetzt wird. In Monom sind neun Kündi
gungen vorgekommen, Leute, die schon zehn Jahre und noch länger da ar
beiten, in Seidel und View e r r o w dasselbe. Alles unter einer Guts
verwaltung (Fürst von Hohenzollernsche Güter). In M e r s i n , N e d l i n ,
B a r z l i n, auch alles eine Verwaltung, sind sämtliche Leute gekündigt
worden. (Besitzer: v. Heidebreck, Barzlin.) In Neuenhagen (Be
sitzer Schnittke) sind z e h n bis e l s Kündigungen vorgekommen; in G i e s -
k o w s i e b e n bis acht, in S ch ü b b e n ist sogar der Vertrauensmann der
Ortsgruppe sofort entlassen worden, weil er den Wünschen des Herrn Be
sitzers V o g e s in Schübben nicht nachkam. Es sind weit über 50 Güter,
wo Entlassungen vorgekommen sind. Es führt aber zu weit, um alles einzeln
anzuführen." _ , „ Y .
Krers Belgrad.
Auf dem Gute Hopfenbcrg, Besitzer Gräfin v. Kleist, sind zum
l. April l920 19 Arbeiterfamilien gekündigt worden.
Allen Arbeitern wurde folgender Losschein zugestellt: „Da Arbeiter nicht
in Verhandlungen über den für hier festgesetzten Vertrag eintreten will,
kann er sich auf seinen Wunsch zum 1. April 1920 anderweitig Wohnung
nehmen."