1914/15, von dem ein Drittel noch in die Friedenszeit fiel, betrug
die Zahl der Einkommensmillionäre in Preußen 91, im
Jahre 1916/17 134!
Darüber kann kein Zweifel sein, daß dem Reiche auf deni
Wege der Anleihen längst nicht alles, was ihn, für die Kriegs-
finanzierung zur Verfügung gestellt werden könnte, tatsächlich zu-
fließt, nicht einmal alle zur Kapitalbildung verfügbaren Einkvmmens-
teile. Da nun die so durch Anleihen beschafften Summen längst nicht
mehr zur Bestreitung der Kriegsausgaben ausreichen, hätten schon
lange Steuern in größeren! Amfange als Ergänzung eingeführt
werden müssen und die Beschaffung der Mittel durch Kreditanspan-
nung, mit oder ohne Benutzung der Notenpresse, in größeren,
Maße vermieden werden müssen.
In erster Linie kommt da die Kriegsgewinnbesteuerung
im weitesten Sinne in Betracht, d. h. die möglichst vollständige
Erfassung aller im Kriege gestiegenen Einkommen und
Vermögen. Sie sollte die Grundlage jeder Wirtschaftspolitik
inr Kriege sein, welche ihre Aufgaben richtig erkennt. Prinzipiell
könnte dabei sehr wohl der Sah ausgestellt werden, daß jeder in,
Kriege sich vollziehende Einkommens- oder Vermögenszuwachs
vollkommen dem Staate gehöre. Dies nicht so sehr aus sozialen
oder moralischen Gründen, welche inan bisher bei der Kriegs
gewinnbesteuerung allein geltend gemacht hat, obgleich natürlich
auch sie ins Gewicht fallen, als vielmehr, ,veil es ganz einfach die
wichtigste wirtschaftliche Aufgabe in, Kriege ist, starke Preis
steigerungen zu verhindern, was, wie wir jetzt wissen, nur
durch Verhinderung von Einkonimenssieigerungen nröglich ist.
Dies klar zu erkennen ist von der allergrößten Wichtigkeit. Die
große Literatur iiber die Kriegsgewinnbesteuerung zeigt aber, daß
man von dieser Aufgabe derartiger Steuern gar keine Ahnung ge
habt hat.
Praktisch ist es natürlich nicht unbedingt erforderlich und wohl
auch kaum durchführbar, daß die Kriegssteuern das ganze ge
stiegene Einkommen oder Vermögen für den Staat konfiszieren.
Aber eine sehr starke Progression, die bei hohen Einkonimen und
Vermögen und starken Steigerungen auch vor den höchsten Prozent
sätzen bis nahe an 100 % nicht haltmacht, ist nicht nur gerecht,
sondern auch ohne Zweifel für die Volkswirtschaft und die Stabilität
der Preisbildung in ihr heilsam. Das hat man nicht erkannt und
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